Nico Hülkenberg ist seit seinem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans ein begehrter Mann. Fährt er 2016 definitiv einen Ferrari-Motor?
Nico Hülkenberg ist in aller Munde. Als B-Variante – sollte man sich mit Williams nicht auf eine Ablöse für Valtteri Bottas einigen – ist er sogar bei Ferrari als Nachfolger von Kimi Räikkönen auf dem Zettel. Doch Teamchef Maurizio Arrivabene ist ein Fan des schnellen Finnen. Insider gehen deshalb davon aus, dass sich die Scuderia mit dem britischen Traditionsteam auf eine Zahlung in einstelliger Millionenhöhe einigen wird. Oder am Ende doch bei Kimi Räikkönen bleibt, der in der Formel-1-Fanumfrage immerhin zum beliebtesten Fahrer gewählt wurde.
Hülkenberg könnte dann auf den ersten Blick erneut wie ein Verlierer aussehen. Das muss er aber nicht sein. Eine Alternative für dem Emmericher ist Bottas‘ freies Cockpit bei Williams. 2010 fuhr er schon einmal für die ehemalige Weltmeistermannschaft. Damals wurde er zwar unehrenhaft entlassen. Aber, so räumt Hülkenberg ein: „Ich bin nicht nachtragend. Und damals hatten noch andere Leute das Sagen.“ Er meint Ex-Geschäftsführer Adam Paar, der kurz nach Hülkenbergs Entlassung selbst gehen musste.
Nach Informationen von F1-insider.com ist der Deutsche aber auch im Visier des neuen Teams Haas-Ferrari. Als erfahrender Pilot soll er dort den Entwicklungsfahrer spielen und das Team in seine erste Formel-1-Saison führen. „Haas ist eine super Alternative für Nico“, sagt ein Ferrari-Insider zu dieser Webseite. „Der Motor wird gut sein und auch das Auto wird in enger Kooperation mit Ferrari entstehen. Eigentlich kann er da gar nichts falsch machen.“ Der Vorteil bei Haas: Hülkenberg könnte weiter auch für Porsche in Le Mans antreten. Ein Abenteuer, das er in diesem Jahr lieb gewonnen hat und nicht mer missen will. Hülkenberg: „Ich habe das Gefühl, dass ich in der Formel 1 noch nicht alles erledigt habe. Ich will auch hier noch an die Spitze kommen. Aber eins weiß ich auch: In Le Mans will ich definitiv noch einmal fahren.“
Williams, Ferrari oder Haas – Hülkenberg Formel-1-Zukunft scheint auf jeden Fall sicher.
Hier unser Interview mit Nico Hülkenberg aus der letzten AUTO BILD MOTORSPORT:
Herr Hülkenberg, plötzlich wollte sogar die BBC in Spielberg ein großes Interview mit Ihnen. Waren Sie über das gewaltige Medieninteresse überrascht, das Ihr Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans ausgelöst hat?
Nico Hülkenberg (27): Nein, nicht wirklich. Denn ich habe beim größten Autorennen der Welt gesiegt. Und dann ist doch klar, dass ein bisschen an meiner Tür geklopft wird. Und das macht mir ja auch bewusst, etwas ganz Großes erreicht zu haben. Das macht mich megastolz, diesen Erfolg kann mir niemand nehmen.
Konnten Sie es richtig fassen, als Sie oben auf dem Podium standen?
Am Anfang nicht, das war alles etwas surreal. Ich war präsent und da, aber nicht so richtig. Das Glücksgefühl kam erst am Montag durch. Ich habe mich auch gefragt, warum ich nach der Zieldurchfahrt nicht so aus mir rausgegangen bin wie meine beiden Teamkollegen. Aber ich war so überwältigt und perplex, dass das im ersten Moment gar nicht ging.
Realisierten Sie auch, dass – wenn man ihnen das richtige Auto gibt – Sie damit auch gewinnen können …
… das kann man genau so sagen. Wobei Le Mans noch mehr Teamleistung ist als Formel 1. Du hast zwei Teamkollegen als Fahrer und ein Riesenteam im Rücken. Und du bist auf alle angewiesen. Jeder von uns dreien hat geliefert. Wir waren ein so junges, dynamisches Trio und haben es einfach mal fliegen lassen. Wir fuhren völlig frei und hatten einfach nur Riesenspaß. Der Rennverlauf hat uns dann in die Hände gespielt. Wichtig war aber: Wir haben keine Fehler gemacht und jede Runde gepusht. Das Schlimmste war das Warten. Morgens gegen acht Uhr dachte ich: Hoppla, jetzt wird es richtig ernst. Wir haben eine realistische Siegchance. Da war es Aus mit Schlafen. Ich war viel zu aufgeregt.
Wie ist es jetzt, in die traurige Realität der Formel 1 zurückzukehren?
Nicht übertreiben. Ich bin ja kein Träumer. In der Formel 1 werde ich nicht so schnell wieder den Siegerpokal stemmen können. Aber mit Platz sechs in Spielberg war ich trotzdem richtig zufrieden. Es ist mir gelungen, weiter auf der Welle zu surfen.
Kommt man nach so einem Erfolg nicht auf die Idee mehr Sportwagen-WM zu fahren und weniger Formel 1?
Nein, überhaupt nicht. Ich will die Formel 1 nicht aufgeben. Ich habe das Gefühl, dass ich in der Formel 1 noch nicht alles erledigt habe. Ich will auch hier noch an die Spitze kommen. Aber eins weiß ich auch: In Le Mans will ich definitiv noch einmal fahren.
Kann der Sieg auch Ihrer F1-Karriere einen Schub geben?
Geschadet hat der Sieg mit Sicherheit nicht. Ob es eine Initialzündung war, kann ich nicht beurteilen. Aber klar, wie vorher schon mal erwähnt: Ich habe bewiesen, dass ich mit einem Top-Auto auch Siege einfahren kann. Leute, die daran zweifelten, haben jetzt womöglich weniger Bedenken.
Wie viele Leute aus der Formel-1-Szene haben Ihnen gratuliert?
Meine Mailbox war total überfordert, so viele Glückwünsche habe ich
bekommen. Ich habe über einen Tag gebraucht, um die alle abzuhören oder zu lesen. Fernando Alonso konnte mit dem Strahlen gar nicht mehr aufhören. Da musste ich ihm sagen: „Du lachst ja mehr als ich, Junge!“ Das freut einen natürlich ganz extrem.
Bei einem Einstieg des VW-Konzerns in die Formel 1 könnte Ihre Beziehung zu Porsche natürlich helfen …
Ehrlich gesagt, befasse ich mich nicht damit. Für mich ist das noch so weit entfernt. Falls es passieren sollte? Vielleicht wäre das ein Vorteil für mich. Aber ich habe nicht den Kopf dafür. Jetzt muss man erst mal sehen, welche Optionen sich in den nächsten Wochen und Monaten realistisch für mich auftun können. Ich bin offen für alles.