Ende der Saison ist Schluss: Alfa Romeo-Pilot Kimi Räikkönen hört Ende der Saison 2021 auf. Das bestätigte er auf Instagram
Der Iceman verlässt den Kühlschrank. Oder anders gesagt: Kimi Räikkönen (41) beendet seine Formel-1-Karriere. Ende des Jahres ist Schluss für den kultigen Finnen. „Das war’s!” Mit diesen Worten hat Räikkönen am Mittwochabend auf Instagram seinen Abschied nach 20 Jahren in der Königsklasse angekündigt. „Dies wird meine letzte Saison in der Formel 1 sein”, schrieb der 41-Jährige. „Das ist eine Entscheidung, die ich im letzten Winter getroffen habe. Es war keine leichte Entscheidung, aber nach dieser Saison ist es Zeit für etwas Neues.“
F1-Insider.com berichtete bereits am Dienstag, dass Räikkönen aufhört. Sein Alfa Romeo-Cockpit bekommt nach unseren Informationen Landsmann Valtteri Bottas. Offiziell ist das aber noch nicht.
Räikkönen kam 2001 mit Sauber in die Königsklasse. Er ist der Rekordstarter der Serie: Bei 344 GP schaffte er 21 Siege und 103 Podestplätze. Der größte Erfolg: 2007 wurde Kimi gleich in seinem ersten Jahr bei Ferrari Weltmeister. Nach einem Ausflug in die Rallye-WM (2010, 2011) kehrte er 2012 mit Lotus in die F1 zurück. Es folgten fünf weitere Jahre bei Ferrari (2014-2018), seit 2019 fährt Räikkönen bei Alfa Romeo.
MEHR LESEN: SO SEHEN SIE DIE FORMEL 1 IM TV
„Auch wenn die Saison noch läuft, möchte ich meiner Familie, all meinen Teams, allen, die an meiner Rennkarriere beteiligt waren, und vor allem allen großartigen Fans, die mich die ganze Zeit unterstützt haben, danken“, so Räikkönen auf Instagram. „Es gibt aber noch viel mehr im Leben, das ich erleben und genießen will.”
Trotzdem: Räikkönen bleibt Kult in der Formel 1. Sein Idol: James Hunt. Seit dem legendären Briten war keiner gleichzeitig so schnell und so undiszipliniert. Kimi fiel schon betrunken und kopfüber vom Oberdeck aufs Unterdeck einer Yacht im Hafen von Helsinki. Er torkelte 2018 durch die FIA-Gala. Er randalierte in einem Nachtclub in London und zog seinen „kleinen Kimi“ blank. Und er schlief zugedrönt auf einem Bürgersteig auf Gran Canaria ein – mit einem rosa Gummielefanten als Kopfkissen. Mercedes-Mitarbeiter im Urlaub fanden ihn und riefen in der Konzernzentrale in Stuttgart an: „Ich glaube, wir haben gerade Ihren Formel-1-Piloten gefunden.“
Und noch ein kleines Schmankerl, das bisher noch nicht an die Öffentlichkeit drang. Seinen Landsmann und Formel-1-Kollegen Heikki Kovalainen soll Freigeist Raikkönen angeblich mal zum Partnertausch aufgefordert haben. Der soll dann panikmäßig mit seiner Freundin Katy die Flucht ergriffen haben.
MEHR LESEN: So steht es in der Fahrer-WM
Wer Kimi kennt, der weiß aber, dass der feierfreudige Punk nur ein Teil seiner Persönlichkeit ist. Der weiß, dass Raikkönen nicht immer schweigt, sondern seine Mundfaulheit nur seine ganz spezielle Art der F1-Welt mit ihrem ganzen Glitter und Tamtam zu sagen: „Kiss my ass!“
In der Schweiz wurde der „Iceman“ einmal redselig und ihm wurde ganz warm ums Herz. Es war kalt, irgendwann im Winter 2003. Kimi war bei einem Schweizer Züchter von Schäferhunden in der Nähe des Bodensees. Stundenlang spielte er zärtlich mit den acht Wochen alten Welpen, fotografierte sie, schickte die Bilder sofort zu seiner damaligen Ehefrau Ehefrau Jenny. Er entschied sich schließlich für Ajax, der ihm als Erster in die Arme sprang. An diesem Tag legte Kimi Raikkönen seine Maske des „Icemans“ ab – er zeigte sein zweites Gesicht.
Das interessiert Raikkönen aber alles nicht. Er stellt klar: „Jeder hat Emotionen. Aber jeder geht auch anders damit um. Wenn ich fahre, bin ich hoch konzentriert, Emotionen sind da fehl am Platz. Dafür hat man doch gar keine Zeit. Man muss oft schneller reagieren, als man fühlen kann. Ein Formel-1-Fahrer analysiert meistens erst bestimmte Situationen, wenn sie schon längst vorüber sind. Die Reflexe und Instinkte müssen stimmen. Dazu kommt, dass ich kein Typ bin, der gerne zeigt, was in einem vorgeht.“
Deshalb würde er nie erzählen, dass seine leise Piepsstimme von einem Fahrradunfall aus seiner Kindheit rührt. Kimi war fünf Jahre alt, als er von den Pedalen abrutschte und mit dem Hals auf die Gabel knallte. Von der schweren Quetschung haben sich seine Stimmbänder nie ganz erholt.
Räikkönen redete schon als Kind so wenig, dass seine Eltern ihn sorgenvoll zum Kindertherapeuten schickten. Der sandte Kimi schon nach einem halben Tag wieder nach Hause. Mit einem Brief dabei. „Ihr Sohn ist überdurchschnittlich intelligent. Dass könnte der Grund sein, warum er es vorzieht, zu schweigen.“ Ein schwierige Koordinationsübung, für die Erwachsene durchschnittlich drei Stunden brauchten, hatte der Sechsjährige in zwanzig Minuten gelöst.
Es gibt nur wenige, die Räikkönen an sich ran lässt. Dazu gehörte der mittlerweile verstorbene finnische McLaren-Arzt Aki Hintsa. Hintsa sagte schon zu den wilden McLaren-Zeiten über seinen Landsmann: „Kimi ist ein sehr sensibler Mensch, der nur im Auto keine Gefühle zeigt.“
Ein Experiment bestätigte das einmal: Bei einem Rennen statteten Mediziner Raikkönen mit Messelektroden aus. Das Ergebnis: Sein Puls schnellte nicht mal in Situationen in die Höhe, die selbst gestandenen Piloten den Schweiß in den Nacken getrieben hätten.
Für seinen ehemaligen Teamchef Peter Sauber ist der Finne der nervenstärkste Pilot, den er je erlebt hat. „Er hätte fast sein erstes Formel-1-Rennen in Australien 2001 verschlafen“, erinnert er sich. Fitnesstrainer Josef Leberer, damals für Räikkönen zuständig, erzählt: „Kimi lag auf einer Kiste in der Box und schlief. Als ich ihn 40 Minuten vor dem Start wach machen wollte, damit er sich vorbereiten konnte, drehte er sich einfach um und murmelte: „Gib mir noch fünf Minuten. Er schlief einfach weiter.“
Im Rennen holte er dann als Sechster seinen ersten WM-Punkt. Als Peter Sauber ihm gratulieren wollte, winkte Räikkönen nur ab. „Habe ich etwa gewonnen? Wozu also die Gratulation.“ Sauber war völlig perplex.
Auch der Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger ist ein Fan des Finnen. Der heutige DTM-Chef sagt im Spaß: „Selbst mit Kater ist Kimi immer noch schneller als die meisten anderen topfit. Aber im Ernst: Ich glaube nicht, dass Kimis Aktivitäten neben der Strecke ihn bisher auch nur eine Hundertstel langsamer gemacht haben.“
FOLGT UNS AUF YOUTUBE!
Das ist F1-Insider.com