Für SPORT BILD und AUTO BILD MOTORSPORT haben wir Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone, Mercedes-Sportchef Toto Wolff und Red Bull-Teamchef Christian Horner zum Elefantengipfel an einen Tisch bekommen. Lesen Sie hier das ganze Interview – Teil 2.
Zu Teil 1 geht’s hier!
Aber was können wir in der schnellstmöglichen Zeit tun, um die Fans zurückzubringen?
Wolff: Die Zuschauer bleiben doch nicht überall weg. In England stimmten die TV-Zahlen Ende letzten Jahres. Vielleicht hat Deutschland einfach nur einen Formel-1-Kater. Michael hat die WM fünfmal in Folge gewonnen, Sebastian viermal. Die Fußball-WM wurde von Deutschland gewonnen. Vielleicht sind die Leute einfach nur ein bisschen gesättigt. In diesem Jahr wird es keinen Grand Prix in Deutschland geben, vielleicht bekommen die Fans dadurch wieder mehr Lust.
Ecclestone: Und wenn nicht?
Wolff: Dann wissen wir spätestens nächstes Jahr, dass meine Theorie falsch war.
Also noch einmal: Was kann die Formel 1 tun?
Ecclestone: Ich wiederhole mich: zurück zu den alten Motoren!
Wolff: Für uns ist die aktuelle Technologie ein wichtiger Teil unseres Formel-1-Engagements. Unsere Marketingstrategie fokussiert auf die Hybridtechnik der Formel 1. Und deshalb haben wir ja auch einen Vorteil, weil wir die Erfahrung aus der Serie haben.
Ecclestone: Aber dann geht doch damit in die DTM!
Wolff: Ich weiß, dass du das willst. Aber da sind wir uns einig, dass wir uns nicht einig sind in diesem Punkt.
Ecclestone: Dann gibt es da doch aber noch diese Tourenwagen-WM. Da sollten solche Motoren ausgetestet werden. Nicht in der Formel 1.
Wolff: Sie wären zu teuer für so eine Serie.
Herr Ecclestone, können Sie es sich leisten, Mercedes zu verlieren, wenn Sie gegen ihren Willen die Regeländerung durchdrücken?
Ecclestone: Nein. Natürlich braucht die Formel 1 Mercedes. Eine starke Marke, auf die man sich verlassen kann. Und ich kann verstehen, dass Mercedes der große Verlierer wäre, wenn wir dieses Regelwerk zerreißen. Trotzdem bleibe ich dabei. Wir brauchen Motoren, die kein Vermögen kosten. Die mehr als 1000 PS leisten und die viel Lärm machen. Deshalb könnte ich mir auch eine zweite Liga vorstellen innerhalb der Formel 1. Gib allen Teams, die es sich nicht leisten können ein eigener Konstrukteur zu sein, dasselbe Chassis und dieselben Motoren. Nur so kann der Wettbewerb in der Formel 1 ausgeglichener werden. Die Konstrukteure können ja gerne weiter ihre eigenen Autos und Motoren bauen. Aber so retten wir die kleineren Teams.
Wolff: Wenn man diese Zweiklassengesellschaft in der Formel 1 will, mit Konstrukteuren, die ihre eigenen Antriebe entwickeln und einer zweiten Liga an Teams denen man andere Motoren zu einem billigeren Preis liefert, dann können wir darüber reden.
Horner: Einspruch! Aus unserer Perspektive macht das keinen Sinn. Wir sind in unserer Situation, weil unser Motorhersteller die neue Technologie wahrscheinlich unterschätzt hat – und auch kaum aufholen kann. Am Ende ist die Formel 1 eine Marketingübung. Hersteller, Teams und Sponsoren brauchen die Möglichkeit sich selbst zu vermarkten. Der Technologietransfer ist eigentlich ziemlich klein. Formel 1 muss aufregend sein, eine gute Show bieten und unterhalten. Mann und Maschine am Limit. Sonst können wir gegen andere Sportarten nicht mehr bestehen.
Die Ausnahme sind Ferrari und eben Mercedes, weil sie selbst auch Autos bauen.
Horner: Wie viele V6-Motoren habt Ihr im Mercedes?
Wolff: Als Beispiel: Der S-Klasse Hybrid läuft mit einem V6-Turbo statt dem V8. Der Technologietransfer von der Serie in die Formel 1 und umgekehrt funktioniert bei uns wirklich. Und bei unseren Partnern auch.
Ecclestone: Aber die Formel 1 ist kein Entwicklungslabor für Motoren.
Wolff: Das sehe ich anders. ABS und Servolenkung stammen aus der Formel 1.
Ecclestone (sauer!): Ich sagte Entwicklungslabor für Motoren!
Wolff: Aber es nennt sich doch MOTORsport! Und Ferrari hat auch immer argumentiert, dass der Motor eine größere Rolle spielen sollte als die Aerodynamik. Für uns ist diese Formel 1 perfekt. Der Technologietransfer zwischen Serienautos und der Formel 1 ist perfekt. Genauso verstehen wir aber, dass die Formel 1 sich immer wieder neu erfinden muss.
Und aus Red Bulls Perspektive? Sie müssen Energy Drinks verkaufen, keine Motoren.
Ecclestone: Deshalb verlassen die Formel 1, wenn es nötig ist. Ich möchte aber sicherstellen, dass wir wieder eine gesunde Basis in der Formel 1 haben (schlägt mit der Faust auf den Tisch), selbst wenn Leute entscheiden sollten zu verschwinden.
Wir drehen uns im Kreis…
Ecclestone: Deshalb: V8-Motoren oder ein Antrieb für alle. Ich würde jetzt gerne einen Vertrag unterschreiben, wonach Mercedes alle Teams mit Motoren beliefern würde – zu einem vernünftigen Preis mit dem Mercedes auch noch Gewinn machen kann.
Herr Wolff, würden Sie das unterschreiben?
Wolff: Ich glaube nicht, dass Ferrari einen Mercedes-Motor nehmen würde.
Ecclestone: Lass Ferrari da raus. Die sind eine Ausnahme.
Herr Horner, würden Sie Mercedes-Motoren akzeptieren?
Horner: Nun ja, im Automobilbau arbeiten Infiniti und Mercedes ja bereits zusammen. Mercedes beliefert Infiniti mit Motoren.
Was würde Ihr Vorstand dazu sagen, Herr Wolff?
Wolff: Wir müssen uns auf die Performance unseres eigenen Teams konzentrieren. Unserer Business case ist darauf ausgelegt unser Werksteam plus drei Kunden zu beliefern. In der Formel 1 geht es darum zu gewinnen. Den Motor auch an deinen härtesten Konkurrenten zu liefern würde bedeuten, dass du dich selbst schwächst.
Könnte Red Bull sich denn vorstellen einen eigenen Motor zu bauen?
Horner: Wir sind ein reiner Chassiskonstrukteur und verspüren keinen Drang nach einem eigenen Motor.
Ecclestone: Niemand wird mit diesem Motor in die Formel 1 einsteigen.
Horner: Schauen Sie sich Honda an. Die haben das Geld und alle Ressourcen. Wenn also eine Firma wie Honda Probleme hat mit diesem Antrieb, zeigt es doch, wie hart der Job ist.
Wolff: Honda ist aber für Stabilität innerhalb des aktuellen Regelwerks. Und es ist klar, dass man nicht von Anfang an konkurrenzfähig sein kann.
Wie lange hat die Formel 1 noch Zeit eine Lösung zu finden?
Horner: Bis gestern.
Wolff: Wenn man für 2017 etwas ändern will, muss man das bis zum 28. Februar 2016 machen.
Ecclestone (wird immer wütender haut wieder mit der Hand auf den Tisch): Hör doch auf mit diesem scheiß Gerede über die Regeln. Du wirst eh nicht einlenken, weil du bei dem bleiben willst, was du hast. Ich kritisiere dich nicht dafür. Aber warum ist die FIA so dumm und hat nicht die Eier etwas dagegen zu tun? Ich würde es einfach machen. Wenn es euch nicht gefällt, geht zum Gericht. Oder der ein oder andere muss eben aussteigen.
Wolff: Aber Bernie, wenn du an meiner Stelle wärst, würdest du dasselbe sagen.
Ecclestone: Ich will nicht erleben, wie die Formel 1 zerstört wird, weil einige Leute einen Fehler gemacht haben. Normalerweise kann man Fehler wieder gutmachen. Aber wir versuchen es nicht mal. Wie haben viele Meetings in denen viel Nonsense diskutiert wird und in denen Entscheidungen immer wieder auf nächste Woche oder nächsten Monat verschoben werden. So geht das immer weiter, bis die Zeit abgelaufen ist. Wir sitzen da und warten darauf, dass die Formel 1 verschwindet. Toto, du wirst eine schöne Inschrift auf deinem Grabstein haben: „Ich habe geholfen die Formel 1 zu killen.“ Du hast es nicht alleine gemacht, aber du hast geholfen. Ich werde die FIA versuchen zu überzeugen einzuschreiten. Und wenn Leute sich dann beschweren, sollen sie doch klagen (haut wieder mit der Hand auf den Tisch). Ich garantiere, dass wir die Schlichtung gewinnen. Ich werde jedenfalls nicht zulassen, dass die Formel 1, die 50 Jahre wunderbar funktioniert hat, aus purem Egoismus zerstört wird.
TRANSLATION INTO ENGLISH, PART II
But what can we do today to bring back the fans?
Wolff: It’s not a problem in every country. In UK, for example, the TV ratings were good at the end of last year. Germany has possibly just had a little bit of an F1-hangover. Michael won the championship five times in a row, Sebastian four times. Germany won the football world cup. Maybe people are just a little bit fed up. This year there won’t be a German Grand Prix, so maybe the break will help that the fans get interested again.
Ecclestone: What if it doesn’t?
Wolff: Then we know that it doesn’t.
Ok, so once again: What can be done in Formula One?
Ecclestone: I am repeating myself. Go back to the old engines.
Wolff: For us the current technology is an important part of our Formula One commitment. Our marketing strategy is focusing on Formula One’s hybrid technology. That’s why we have an advantage as we have experience from the road car business.
Ecclestone: Do DTM!
Wolff: I know, this is where we agree to disagree.
Ecclestone: But then there’s this World Touring Car Championship. You can test your engines there. Not in F1. Wolff: They would be too expensive for that.
Mr Ecclestone, can you afford to lose Mercedes if you push through the rule changes against their will?
Ecclestone: No. Of course Formula One needs Mercedes. A strong brand which you can rely upon. But I can understand that Mercedes would be the biggest losers if we decide to tear up the current regulations. Nevertheless, I keep on saying that we need engines that don’t cost a fortune, engines that can produce more than 1000 hp and make a lot of noise. That’s why a second league within Formula One would be a good idea. All teams that cannot afford to be a constructor get the same chassis and the same engines. That’s the only way to level out the competition in Formula One. The constructors can continue building their own cars and engines if they like. And we can save the smaller teams.
Wolff: If Formula One really wants a two-tier field with constructors who build their own power units and a second league with teams that get different engines at a cheaper price, we can talk about it.
Horner: Objection! This doesn’t make any sense from our perspective. We are in our position because the regulations are very complicated and Renault has probably underestimated the new technology and it is difficult to catch up now. At the end of the day, Formula One is a marketing exercise. Constructors, teams and sponsors need the possibility to market themselves. The technology transfer is actually pretty limited. Formula One needs to be exciting, must offer a great show and needs to entertain. Man and machine at the limit. Otherwise it is hard to position ourselves against other sports.
Ferrari and Mercedes are the exceptions because they are also building road cars.
Horner: How many V6 engines do you have in a Mercedes?
Wolff: A lot. An example: The S-class hybrid uses a V6 turbo engine instead of a V8. The technology transfer from the road car to Formula One and vice versa really does work for us. And this is also the case for our partners.
Ecclestone: But F1 is not a testing lab for engines.
Wolff: I disagree. ABS and power steering originate from Formula One.
Ecclestone (angry!): A testing lab for engines I said!
Wolff: But it is called MOTOR racing! Also Ferrari has always said that the engine should play a bigger part than the aerodynamics. For us this Formula One is perfect. The technology transfer between road cars and racing and the communication around it is perfect. As much as we understand that F1 as a sport has to reinvent itself permanently.
And from Red Bull’s perspective? They must have a problem, because they have to sell engery drinks, not engines.
Ecclestone: That’s why they will leave, when it suits them. I’d like to make sure that we’ve got a good basis in Formula 1 if and when people do decide to disappear.
We are going around in circles here…
Ecclestone: Therefore: V8 engines or the same power unit for everybody. I would like to make a contract now that says that Mercedes will supply engines to all teams – for an affordable price which would enable Mercedes to make a profit as well.
Mr Wolff, would you sign such a contract?
Wolff: I don’t think that Ferrari would take a Mercedes engine.
Ecclestone: Leave Ferrari out. Always leave Ferrari out. They are an exception.
Mr Horner, would you accept a Mercedes engine?
Horner: Well, on the road car side Infiniti and Mercedes are already working together. Mercedes supplies engines to Infiniti.
What would your board of directors say, Mr Wolff?
Wolff: We need to focus on the performance of our own team. Our business case is structured in such a way that we build engines for our own works team plus for three customers. Formula One is all about winning and tiny margins. To provide your most fierce competitor with your engine is not something we should do.
Would Red Bull want to build its own engine?
Horner: We are a clear-cut chassis constructor. We’ve got no desire to make engines. Ecclestone: No one will come into formula one with this new engine.
Horner: Look at Honda. They have the money and all the resources in the world. So when a company like Honda is struggling, it shows how difficult the job is.
Wolff: But Honda want stability in the current regulations. And it is normal that you are not competitive with these complex engines right at the start.
How much time does Formula One have left to find a solution?
Horner: Until yesterday.
Wolff: Should a change be wanted for 2017, it needs to be done by 28 February 2016.
Ecclestone (gets more and more angry, bangs his hand on the table again): Stop with all this shit talking about these silly regulations. You won’t make any agreements with anyone cause you wanna stick with what you’ve got. I don’t blame you. But why is the FIA so bloody stupid and is not having the balls to do something about it? I would just do it. And if you don’t like it, go to arbitration. Or get out of F1, one or the other.
Wolff: Bernie, if you were sitting here, you would say the same what I said.
Ecclestone: I don’t want to see Formula One destroyed, just because some people have made a mistake. Normally, you can make up for mistakes. But we don’t even try. We have a lot of meetings in which a lot of nonsense is discussed and where decisions are postponed until next week or next month, again and again. And so it goes on and on until we run out of time. We are sitting around, waiting for Formula One to disappear. Toto, you will have a nice thing on your tombstone: „I helped to screw Formula One.“ You didn’t do it single handed, but you helped. I will try to convince the FIA to intervene. And if people complain, go to arbitration (bangs his hand on the table again). I guarantee that we will win the arbitration. I will certainly not allow that Formula One gets destroyed because of selfishness – after having worked perfectly well for 50 years.