Die Toyota-Piloten Kamui Kobayashi, José María López und Mike Conway gewinnen die 24h von Le Mans und überwinden damit ihre jahrelange Pechsträhne.
Neue Autos, neue Ära, aber alter Sieger – Toyota hat 2020 das letzte 24h-Rennen von Le Mans der LMP1-Ära gewonnen und siegte nun auch beim Auftakt der Hypercar-Ära 2021. Es war ein dominanter Doppelsieg, aber einer, der keinesfalls problemlos über die Bühne ging.
Vor allem war es aber ein Sieg der Herzen: Denn während in den vergangenen drei Jahren stets der Toyota #8 ganz oben auf dem Siegertreppchen stand, setzte sich jetzt das Trio mit der #7 durch, das in den vergangenen Jahren vom Pech verfolgt war.
Für Kamui Kobayashi, Mike Conway und José María López war es jeweils der erste Le-Mans-Sieg, was die Zahl der erfolgreichen Piloten beim Langstreckenklassiker auf 147 bringt. Kobayashi ist der 72. Fahrer mit Formel-1-Erfahrung, der sich in die Le-Mans-Gewinnerliste eintragen darf. López sorgt für den ersten Sieg eines Argentiniers seit José Froilán González 1954 (Ferrari). Durch den Sieg von Conway hat Großbritannien jetzt wie Frankreich 43 Siege in Le Mans holen können.
Der Leidensweg der drei Fahrer begann 2017. Kamui Kobayashi führte das Rennen an, hielt einen gestrandeten Fahrer aber für einen Marshall und kam daher unplanmäßig zum Boxenstopp. Dort ging die Kupplung am Toyota ein, alle Siegchancen waren dahin. 2018 war das Trio wieder das schnellere, musste aber das Schwesterauto #8 vier Mal passieren lassen. Denn darin saß Fernando Alonso, der Superstar, mit dem Toyota den besten PR-Gegenwert bekam.
Ganz bitter war 2019, als eine Stunde vor Schluss am überlegen führenden Toyota #7 ein Plattfuß alle Siegträume zerstörte. 2020 mussten während des Rennens Krümmer und Turbolader getauscht werden.
Auch 2021 lief das 24h-Rennen keinesfalls ohne Zwischenfälle. Zwei schleichende Plattfüße zwangen die #7 früh an die Box, ein Boxenstopp während einer Safety-Car-Phase kostete viel Zeit, ein Ausflug von Kamui Kobayashi viele Nerven. Doch einen Einschlag in die Reifenstapel konnte der Japaner noch verhindern.
Dieses Mal hatte der Toyota #8 mehr Probleme. Schon am (regnerischen) Start wurde Sébastien Buemi von Glickenhaus-Fahrer Olivier Pla abgeräumt. Dann trat erst ein mechanisches Problem auf, anschließend eines mit dem Benzinzufluss, das erst durch ein Reset gelöst werden konnte.
Alpine und Glickenhaus waren chancenlos. Beide waren zu langsam, Alpine ein bisschen, Glickenhaus deutlich. Dazu kamen zwei Abflüge bei Alpine. Allein jener von Matthieu Vaxivière in der Nacht kostete zwei Runden.
In der LMP2-Klasse war das Rennen der deutschen Hoffnung Sophia Flörsch schon nach fünf Stunden vorbei. Franco Colapinto, mit 18 Jahren jüngster Fahrer im Feld, nahm die Münchnerin aus dem Rennen. „Ich konnte nichts machen. Es war eine Slow Zone. Der Fahrer von hinten hat die Kontrolle verloren und ist in mich reingeschlittert. Es tut mir für das ganze Team sehr leid. Dass wir so früh und auf diese Weise ausscheiden, ist schade. Es ist sehr frustrierend“, seufzt Flörsch.
Ein gutes Resultat war möglich: „Wir waren schon auf Platz elf. Die Top-10 oder Top-8 wären möglich gewesen.“
Das Safety-Car, das durch den Flörsch-Unfall auf die Bahn musste, entschied das Rennen in der LMP2-Klasse. Denn wegen der langen Strecke kommen in Le Mans drei verschiedene Safety-Cars zum Einsatz. Das LMP2-Feld erwischte verschiedene SC-Züge und wurde so auseinandergerissen.
WRT hatte anschließend beide Autos vorn. In der letzten Runde fiel der Oreca-Gibson mit Robert Kubica im Team noch aus, der Sieg ging daher an das Schwesterauto mit Charles Milesi, Ferdinand Habsburg und Robin Frijns am Steuer.
In der GTE-Pro-Kategorie tobte ein spannender Kampf zwischen dem Ferrari #51 und der Corvette #63. Am Ende setzte sich Ferrari klar durch und feierte den ersten GTE-Sieg seit 2019. Am Steuer saßen James Calado, Alessandro Pier Guidi und Côme Ledogar.
Ferrari holte sich außerdem den Sieg in der GTE-Am-Kategorie – mit den Fahrern Nicklas Nielsen, Alessio Rovera und Francois Perrodo.
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+++ Toyota baut Vorsprung aus: Normalerweise ist die Nacht in Le Mans immer für Überraschungen gut, nicht so aber dieses Jahr: Toyota liegt zur Mittagszeit weiterhin mit beiden Autos an der Spitze und verwaltet den Vorsprung von vier Runden komfortabel. Die #7 (Conway/Kobayashi/Lopez) liegt wie schon den Großteil des Rennens vor dem Schwesterfahrzeug mit der #8 (Buemi/Nakajima/Hartley), das zwischenzeitlich leichte Probleme mit dem Getriebe meldete, die aber behoben werden konnten.
Der Puffer Toyotas ist aber groß bei vier Umläufen Vorsprung auf die nächsten Verfolger, das Alpine-Team, das sich in den Morgenstunden Rang drei vom #708-Auto der Scuderia Glickenhaus zurückerobert hat. Gesamtfünfter und damit auf Siegkurs in der LMP2 ist nach wie vor der #31-WRT von Ferdinand Habsburg. Auch die AF-Corse-Ferraris mit der #51 und der #83 haben ihre Führung in den beiden GTE-Klassen in der Nacht verteidigt und nehmen die letzten Stunden von der Spitze aus in Angriff.
+++ Alpine fällt zurück, Flörsch abgeschossen: Nach acht Stunden ist Toyota weiter das Maß der Dinge. Die Japaner führen gegen Mitternacht ungefährdet, sind als einzige zwei Autos noch in der Führungsrunde, die #7 hat dabei weiter die Nase vor der #8. Dahinter aber hat sich einiges getan, vor allem wegen einem Abflug der #36-Alpine in der ersten Schikane, die aus dem Kies gezogen werden musste, viel Zeit verloren hat und nur noch auf Rang sechs liegt.
Neuer Dritter ist die #708 der Scuderia Glickenhaus, vor den WRT-Autos von Ferdinand Habsburg (#31) und Robert Kubica (#41), die die LMP2-Kategorie damit anführen. In den GTE-Klassen liegen jeweils die AF-Corse-Ferrari an der Spitze, die #51 von James Calado in der Pro-Wertung, die #83 von Alessio Rovera in der Amateur-Kategorie.
Der Abend in Le Mans brachte neben der Dämmerung auch weitere Regenschauer und damit diverse Unfälle, Slowzones und Safety-Cars. Zu den prominentesten Opfern gehörte neben dem Führenden der GTE-AM-Wertung, dem Aston-Martin mit der #33, auch Sophia Flörsch. Die Münchnerin wurde auf Platz elf liegend gleich zweimal von Konkurrenten torpediert.
Erst wurde sie vor den Porsche-Kurven von Franco Colapinto im G-Drive-Aurus (Russinow/Colapinto/de Vries) abgeschossen, bei der Rückkehr auf die Strecke von einem weiteren Wagen seitlich getroffen: das Aus für ihr reines Damen-Auto von Richard Mille. Nach dem Unfall musste die Deutsche zwar zum Check ins Medical-Center, über ihre Social-Media-Kanäle gab Flörsch anschließend aber umgehend Entwarnung.
„Ich konnte nichts machen“, erklärt sie den Crash. „Es war eine Slow Zone. Der Fahrer von hinten hat (beim Bremsen in die Slow Zone hinein; d. Red.) die Kontrolle verloren und ist in mich reingeschlittert.“
+++ Toyota dominiert: Nach mehr als vier Stunden führt Toyota die 24h von Le Mans immer noch an, mittlerweile sogar mit beiden Autos. Die #7 um Pole-Mann Kamui Kobayashi liegt mehr als eine Minute vor dem Schwesterfahrzeug mit der #8, aktuell in Händen von Brendon Hartley. Die Lokalmatadoren von Alpine belegen den dritten Platz, beide Autos der Scuderia Glickenhaus liegen nach Problemen indes sogar außerhalb der Top-10.
Nach einem Unfall des #98-Aston-Martin von Marcos Gomes musste zwischenzeitlich längere Zeit das Safety-Car ausrücken, dem Fahrer ist aber nichts passiert. In der LMP2-Kategorie führt nach einem Ausritt des führenden #38-JOTA von Anthony Davidson mittlerweile der #28-JOTA von Tom Blomqvist. In der GTE-Kategorie dominiert Ferrari-AF-Corse, liegt derzeit mit der #51 (Pro) und der #83 (Am) gleich in beiden Klassen an der Spitze.
+++ Rennstart: Los gehen die 24 Stunden 2021 hinter dem Safety-Car, weil kurz vor dem Start in Le Mans Regen einsetzt. Nach drei Formationsrunden wird das Rennen freigegeben und gleich knallt es. Der Glickenhaus #708 von Olivier Pla räumt in Kurve eins den zweiten Toyota #8 mit Sebastien Buemi ab, bekommt dafür eine 10-Sekunden-Strafe aufgebrummt. Beide können aber weiterfahren.
Hinter dem Pole-Fahrzeug, dem Toyota mit der #7, reiht sich zunächst der Alpine ein. Aber auch die Franzosen müssen früh eine Schrecksekunde wegstecken: Nicolas Lapierre dreht sich auf der nassen Fahrbahn, kann zwar ohne Schaden weitermachen, fällt durch das Missgeschick aber zurück. Buemi hat nach dem Startcrash als Dritter seine Aufholjagd begonnen, noch vor den Glickenhaus-Autos.
In der LMP2- und GT-Kategorie landen auf den ersten Runden ebenfalls diverse Fahrzeuge im Kiesbett, große Unfälle bleiben trotz der schwierigen Bedingungen in der Startphase zum Glück aber aus.
+++ 21. August 2021: Altmeister Fernando Alonso ist zurück in Le Mans: Drei Wochen nach dem Mega-Triumph seines Alpine-Teams mit dem Sieg von Esteban Ocon beim F1-GP in Ungarn, besucht Alonso gemeinsam mit seinem Teamkollegen den Langstrecken-Klassiker – und sorgt dabei schon vor dem Start für ein echtes Highlight.
Bei der Parade vor dem Rennen (live ab 16 Uhr im Free-TV auf Eurosport 1) darf Alonso als erster Fahrer überhaupt den legendären Kurs an der Sarthe mit einem Formel-1-Auto umrunden. Auch Stallgefährte Ocon ist mit einem A110 Rallye mit von der Partie und lässt sich von den französischen Fans (immerhin 50.000 Zuschauer sind trotz Corona-Einschränkungen am Wochenende zugelassen) nochmal gebührend für seinen ersten Grand-Prix-Sieg abfeiern.
Für Alonso ist der Demo-Run indes die Rückkehr an eine seiner größten Erfolgsstätten: 2018 und 2019 konnte er die 24h von Le Mans gewinnen. Der 40-Jährige hatte stets betont, dass ihn das Langstreckenrennen und auch seine Auftritt beim Indy 500 zu einem kompletteren Fahrer gemacht haben. Eine Rückkehr Alonsos nach Le Mans ist also in Zukunft nicht ausgeschlossen.
Alpine-Direktor Laurent Rossi erklärt sogar ganz offen, dass sein Rennstall damit liebäugelt, den Altmeister ein weiteres Mal in Le Mans einzusetzen: „Derzeit prüfen wir, ob wir für 2023 oder 2024 ein Hypercar oder LMDh-Auto entwickeln sollen. Dann würde es auf der Hand liegen, Fernando in ein solches Auto zu setzen, denn ich könnte mir keinen besseren Piloten und Markenbotschafter vorstellen.“ Einsätze parallel zu Alonsos F1-Engagement schließt Rossi aber aus: „Wenn wäre das erst nach Abschluss seiner GP-Karriere.“
Rennstart ist 16 Uhr. Eurosport überträgt die 24 Stunden von Le Mans von Samstag, den 21. August, ab 15:15 Uhr bis Sonntag, den 22. August, um 16:30 Uhr, live im Free-TV bei Eurosport 1. Zusätzliche Kameraperspektiven, Datenkanäle und das komplette Rennen ohne Werbeunterbrechung sind bei Eurosport mit JoynPLUS+ zu finden.
+++ 20. August 2021: Toyota dominiert die 24 Stunden von Le Mans (Samstag, 16 Uhr live auf Eurosport) – auch in 2021. Kamui Kobayashi stellte den Toyota #7 (Conway/Kobayashi/Lopez) auf die Poleposition. Für den Japaner ist es bereits die vierte Le Mans-Pole nach 2017, 2019 und 2020.
Überraschend: Seine Zeit (3:23.900 min) ist schneller als von Experten für die neuen Hypercars erwartet (mehr unten in der Vorschau) und auch flotter als Toyotas erster LMP1-Hybrid-Renner, der TS030 Hybrid. „Wir waren vor dem Wochenende mit dem Auto hier noch nicht ganz vertraut“, sagt Kobayashi. „Da kann man schnell einen Fehler machen. Aber meine Runde war sauber. Das Auto ist wirklich Wahnsinn.“
Brendon Hartley komplettiert im zweiten Toyota #8 (Buemi/Nakajima/Hartley) die erste Startreihe. Es folgt Nicolas Lapierre im Alpine #36 (Negrao/Lapierre/Vaxiviere) knapp vorm Ersten der beiden Glickenhaus.
In der LMP2 fuhr Antonio Felix da Costa (Jota-Oreca mit Gonzalez/Felix da Costa/Davidson) am schnellsten. Sophia Flörsch startet mit ihrem Damenteam von Platz 20 in der LMP2-Klasse. Bei den GT-Autos raste Dries Vanthoor im HubAuto-Porsche (D. Vanthoor/Martin/Parente) zur die Bestzeit, während Kevin Estre im Porsche #92 (Estre/Jani/Christensen) in der Indianapolis-Kurve abflog.
Auf dem Papier ist Toyota wie in den letzten drei Jahren wieder klarer Favorit bei den 24 Stunden von Le Mans. Die Japaner gewannen mit dem neuen Hypercar GR010 Hybrid (3,5-l-V8-Turbo-Hybrid) die ersten drei Saisonrennen der Sportwagen-WM.
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Aber Teamchef Pascal Vasselon (58) weiß: „Statistisch betrachtet hast du mit einem neuen Auto immer mehr Defekte.“ Die Japaner sind gewarnt: In den ersten Rennen traten Probleme an Elektrik, Motor und Bremse bei Toyota auf. Und: Die Belastung bei einem 24-Stunden-Rennen wie beim Klassiker in Le Mans ist nochmal um einiges höher.
Ihr Vorteil: Die Konkurrenz ist noch schwächer. Alpine hat gar kein Hypercar gebaut, sondern sich den ausrangierten Rebellion-LMP1 (4,5-Liter-V8-Sauger) aus dem Vorjahr gekauft. Der ist mit 952 Kilogramm zwar 114 Kilo leichter als der Toyota, aber mit 611 PS auch 89 Pferdestärken schwächer.
Und vor allem: Der Tank von Alpine verfügt nur über 75 Liter, der von Toyota über 90 – ein klarer Reichweitennachteil für die Franzosen. Kaum besser sieht es für Glickenhaus aus, das US-Kultteam, das sein Le-Mans-Debüt gibt: Erst beim zweiten Rennen wurde das Hypercar 007 LMH (3,5-Liter-V8-Turbo, 707 PS) fertig, erst beim dritten Lauf kam das zweite Auto zum Einsatz.
Kein Fahrzeug kam ohne Probleme über die Runden. Erst 2022 mit Peugeot und ab 2023 mit Ferrari, Porsche, Audi, Acura und BMW bekommt Toyota für Le Mans also so richtig Konkurrenz. Doch eine Sensation ist nicht ausgeschlossen: Schon 2016 kam ein LMP2-Prototyp aus der zweiten Klasse fast zum Gesamtsieg, 2021 ist das noch realistischer.
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Die Hypercars sind langsamer als die früheren LMP1-Fahrzeuge. Der Rückstand der LMP2 ist da- her viel geringer – obwohl diese 30 Kilo (auf 950 kg) zuladen mussten und der 4,2-Liter-V8-Sauger um 64 PS (auf 536 PS) gedrosselt wurde. Mit 25 Autos ist die LMP2 die am stärksten besetzte Klasse.
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