Frauenteams, Vater-Sohn-Gespanne, ehemalige Formel-1-Fahrer, Piloten mit Handicaps – wir zeigen die acht interessantesten Geschichten bei den 24h von Le Mans 2021.
60 Autos, 180 Fahrer – das sind hunderte Geschichten bei den 24 Stunden von Le Mans, die an diesem Wochenende ausgetragen werden (Samstag ab 15:15 Uhr, live auf Eurosport). Vom ältesten Fahrer aller Zeiten über Frauenteams und eine Mannschaft mit zwei behinderten Piloten ist alles dabei. Das sind die acht außergewöhnlichsten Geschichten des 2021er Le Mans-Rennens:
Sieben der acht deutschen PilotInnen im Le-Mans-Feld 2021 fahren in der GTE-Amateur-Kategorie – also der vierten Klasse im Feld. Die Ausnahme: Sophia Flörsch. Mit ihrem 536 PS starken Oreca-Gibson LMP2 (4,2-Liter-V8-Sauger) rast die Münchnerin zwar nicht in der Topklasse, aber in jener Kategorie, die am stärksten besetzt ist: 25 Autos sind in der LMP2 gemeldet, elf Fahrer haben Formel-1-Erfahrung.
Wie schon 2020 fährt Flörsch in einem reinen Damenteam: Beitske Visser und Tatiana Calderón sind erneut ihre Teamkolleginnen. Sie erreichten im Vorjahr immerhin Rang neun in ihrer Klasse. „Das war ein Lehrjahr“, sagt Flörsch. „Wir wollen eine starke Botschaft setzen und gut performen, während wir auch viel Spaß haben.“ Es ist nicht das einzige Damenteam im Feld.
Die Schweizerin Rahel Frey pilotiert gemeinsam mit Michelle Gatting und Sarah Bovy einen Ferrari 488 GTE (3,9-Liter-V8-Turbo, ca. 500 PS). Mit den beiden Meldungen 2021 sind 27 Damenteams in der Geschichte des Langstreckenklassikers gestartet – das erste war bis heute am erfolgreichsten: Odette Siko und Marguerite Mareuse wurden 1930 im Bugatti T40 Siebte.
Im Vorjahr gab Dominique Bastien sein Le-Mans-Debüt – im erfrischenden Alter von 74 Jahren. Schon damals war er nicht nur der älteste Rookie aller Zeiten, sondern auch der älteste Starter überhaupt. Diesen Rekord baut der US-Amerikaner, der seinen Nahrungsmittelkonzern vor wenigen Jahren für 155 Millionen US-Dollar verkaufte, 2021 aus. Wieder startet er in einem Porsche 911 RSR (4,2-Liter-Sechszylinder-Boxer, ca. 500 PS). Dieses Mal will er die Ziellinie sehen.
Übrigens: Fünf Starter sind 2021 mindestens 60 Jahre alt. In der Geschichte des Rennens gab es erst zwölf Fahrer, die derart hoch betagt noch an den Start gingen. Anders als in der Formel 1, als die ältesten Fahrer mit über 50 Jahren in den 1950er Jahren unterwegs waren, ist der Alterstrend in Le Mans neu: Mario Andretti war im Jahr 2000 der erste Fahrer mit 60 Jahren. Der Ex-Formel-1-Weltmeister gewann auch mit über 50 Jahren noch in der IndyCar Rennen. Der jüngste Pilot im Feld ist Franco Colapinto, der gemeinsam mit Roman Rusinov und dem frisch gebackenen Formel-E-Meister Nyck de Vries für G-Drive in einem Aurus-Gibson LMP2 sein Debüt geben wird.
Eines der 60 Fahrzeuge läuft außer Konkurrenz: das innovative Auto. Damit wollen die Le-Mans-Veranstalter eigentlich technischen Experimenten im Langstreckenrennen eine Chance geben. Doch dieses Mal ist das SRT41-Team keine technische Besonderheit, sondern eine menschliche: Zwei der drei Fahrer haben ein Handicap. Takuma Aoki und Nigel Bailly sind nach Motorradunfällen gelähmt. Der Oreca-Gibson LMP2 ist aber so angepasst, dass sie mit den Händen Gas geben und Bremsen können. Matthieu Lahaye springt als dritter Fahrer für Francois Heriau ein, der verletzungsbedingt ausfällt. Teamchef ist Frédéric Sausset, dem selbst Hände und Füße amputiert wurden, der aber 2016 trotzdem in Le Mans am Start war: „Für uns geht es nicht ums Gewinnen, sondern nur darum, die Zielflagge zu sehen“, sagt Sausset.
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„Es ist ein ganz besonderes Gefühl“, schwärmt Kevin Magnussen. Er bestreitet 2021 gemeinsam mit seinem Vater Jan Magnussen das Rennen in Le Mans. Beide haben Grands Prix in der Formel 1 absolviert, jetzt starten sie in ein gemeinsames Abenteuer. Magnussen junior weiß: „Es war auch unsere letzte Chance, dass das klappt.“ Jan Magnussen ist bereits 48 Jahre alt und steht vor seinem 23. Le-Mans-Start. Damit ist er der erfahrenste Pilot im Feld, aber noch weit vom Rekord von Henri Pescarolo (35 Starts) entfernt. Allein: Kevin Magnussen ist ab 2022 Werksfahrer bei Peugeot. Das Fahrzeug der Magnussens: ein Oreca-Gibson LMP2. Miroslav und Matej Konopka bringen die Zahl der Vater-Sohn-Gespanne in Le Mans sogar auf 24.
Arnold und Maxime Robin bilden das 53. Bruderteam der Le-Mans-Geschichte, aber das erste seit elf Jahren. 2010 waren neben Philippe und Stéphane Salini auch die beiden Mansell-Brüder Greg und Leo gemeinsam mit ihrem Vater Nigel Mansell dabei. Doch weil der Formel-1-Champ schon nach vier Runden den Ginetta-Zytek LMP1 verschrottete, kamen die Brüder gar nicht zum Zug. Ganz anders Don und Bill Whittington, die gemeinsam mit dem Deutschen Klaus Ludwig 1979 in einem Porsche das Rennen gewinnen konnten. Die Robin-Brüder kommen aus der französischen Prototypen-Szene und fahren einen Oreca-Gibson LMP2.
Le Mans startet 2021 in die Hypercar-Ära. Nur Toyota und Glickenhaus haben 2021 eines gebaut, Alpine verwendet einen kastrierten Rebellion-LMP1 aus dem Vorjahr. Die Hypercars sind noch defektanfällig, der Alpine LMP1 zu durstig und damit auf die gesamte Distanz zu langsam. Heißt: Alles ist möglich. Dennoch ist Toyota nach drei Siegen in den letzten drei Jahren wieder klarer Favorit.
17 Fahrer im Feld haben bereits Formel-1-Rennen bestritten, dazu gehören mit Giancarlo Fisichella, Juan-Pablo Montoya und Robert Kubica auch frühere Rennsieger. Kubica ist einer von 49 Rookies (die damit die Zahl der Le-Mans-Fahrer auf 3477 bringen). „Ich bin gespannt, wie mein Körper die 24 Stunden wegsteckt. Denn mit all den Autos um dich herum kannst du das nicht wirklich gut simulieren“, weiß Kubica. Der rechte Arm des Polen ist nach einem Rallyecrash 2011 stark bewegungseingeschränkt. Kubica fährt in der LMP2-Klasse einen Oreca-Gibson gemeinsam mit Louis Delétraz und Ye Yifei.
Unter den 49 Debütanten ist auch ein bekannter Name: Manuel Maldonado. Er ist der Cousin von Pastor Maldonado, der in der Formel 1 trotz seines Sieges beim Spanien-GP 2012 als Crashpilot verrufen war. In Le Mans wurde Maldonado 2018 immerhin Fünfter. Manuel Maldonado startet für das United-Autosport-Team des McLaren-Chefs Zak Brown in einem Oreca-Gibson LMP2.
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