Die 24 Stunden von Le Mans boomen passend zum 100. Geburtstag. Viele Hersteller sind schon fix, weitere folgen 2024.
Es wird ein wahres Motorsport-Fest. 2023 jährt sich die erste Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans zum 100. Mal. Passend dafür steigen immer mehr Hersteller in die Topkategorie ein.
Zur Erinnerung: 2023 bilden zwei verschiedene Kategorien die Topklasse: Die Hypercars, die seit 2021 in der Sportwagen-WM zum Einsatz kommen, sowie die LMDh-Prototypen, die ab 2023 in der amerikanischen IMSA-Serie ihr Debüt geben werden.
Bei den Hypercars dürfen die Hersteller eigene Autos bauen – entweder auf Basis eines Serienmodells oder als reinrassiger Prototyp. Auch der Antrieb ist frei, kann mit oder ohne Hybrid ausgestattet sein. Generell gilt: Die Systemleistung von 680 PS darf zu keiner Zeit überschritten werden, der Elektromotor darf nur 270 PS zuschießen. 2023 werden Hypercars von Toyota, Peugeot und Ferrari in Le Mans auflaufen. Noch ungewiss ist es, wie es mit den privaten Hypercars von Glickenhaus und ByKolles/Vanwall weitergeht.
Bei den LMDh-Prototypen müssen die Hersteller auf ein LMP2-Chassis zurückgreifen, dürfen dieses aber mit einem eigenen Aero-Kit (einer Silhouette) versehen. Vier verschiedene LMP2-Rennwagenschmieden gibt es: Oreca, Dallara, Ligier und Multimatic. Die Motorarchitektur ist für die Hersteller frei, allerdings wird ein Einheits-Hybridsystem mit 50 kW Leistung verbaut. Vier Hersteller haben für 2023 den Bau eines solchen LMDh-Prototyps angekündigt: Acura, Porsche, BMW und Cadillac. 2024 folgen noch Lamborghini und Alpine. Das LMDh-Projekt von Audi ist dagegen erstmal auf Eis gelegt.
Zwei weitere Interessenten sollen aus Asien kommen. Einer ist Geely – ein chinesischer Konzern, zu dem die Marken Lotus (in der Formel 1 zur Legende geworden), Lynk & Co (fährt auch im Tourenwagen-Weltcup), Proton und Volvo gehört. Dazu kommt der indische Tata-Konzern. Wahrscheinlich würde der Tata-Einstieg über die in Le Mans siegreiche Marke Jaguar laufen, die bereits im Besitz der Inder ist. Das wären dann schon zwölf Hersteller.
McLaren ist auf Expansionskurs – neben Formel 1, IndyCar, Extreme E kommt wohl auch die Formel E dazu. Ein Einstieg in die Sportwagen-WM wird geprüft, könnte aber ähnlich wie bei Lamborghini erst 2024 erfolgen.
Toyota ist seit fünf Jahren der siegreiche Le Mans-Konzern und fährt schon jetzt mit einem Hypercar in der WEC und in Le Mans. Der GR010 Hybrid setzt auf einen 3,5-Liter-V6-Turbo und ein Hybridsystem. Weil aber jetzt viele Hersteller in Le Mans einsteigen, erwägt Toyota, das aktuelle Hypercar mit einem Update zu versehen. Das ist nur einmal in fünf Jahren gestattet. Fragezeichen gibt es auch noch bei den Fahrern. Nyck de Vries könnte einen Platz bekommen. Derzeit sind Sébastien Buemi, Brendon Hartley Ryo Hirakawa sowie José María López, Kamui Kobayashi und Mike Conway die Fahrer.
Das US-Kultteam begeistert unter anderem bei den 24 Stunden am Nürburgring mit Eigenbauten seit Jahren die Fans. Noch war die Performance mit dem von einem 3,5-Liter-V8-Turbo von Pipo Motors und ohne Hybrid angetriebenen Boliden eher dürftig. In Le Mans siegreiche Partner wie Sauber und Joest sollen Glickenhaus aber auf Kurs bringen. Rang drei beim Le-Mans-Rennen 2022 wertet der Teambesitzer James Glickenhaus als riesigen Erfolg. Ob Glickenhaus auch 2023 mit von der Partie ist, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden. Viele hängt von der Finanzierung ab. 2022 waren folgende Fahrertrios für Glickenhaus dabei: Ryan Briscoe, Richard Westbrook, Franck Mailleux sowie Romain Dumas, Olivier Pla und Pipo Derani.
Der französische Autobauer hat in Le Mans zuletzt 2009 gewonnen – mit Alexander Wurz, David Brabham und Marc Gené am Steuer. Peugeot hat ein Hypercar mit Hybrid gebaut und damit inzwischen in Monza sein Debüt gegeben. Als Verbrenner setzt Peugeot auf einen 2,6-Liter-V6-Biturbo. Technischer Partner ist Ligier. Der Fahrerkader besteht aus Jean-Eric Vergne, Paul di Resta, Mikkel Jensen sowie Loïc Duval und Gustavo Menezes. Dazu kommt ab 2023 Nico Müller aus der Schweiz. Er ersetzt James Rossiter, der den vakanten Platz von Kevin Magnussen eingenommen hat. Er war nach der Rückkehr in die Formel 1 für Peugeot nicht mehr verfügbar. Rossiter bleibt Test- und Ersatzfahrer.
Ferrari will 2023 in Le Mans erstmals seit 1965 (damals mit Jochen Rindt, Masten Gregory und Ed Hugus) wieder siegen. Dafür baut die italienische Kultschmiede ein Hypercar mit dem Know-How des Formel-1-Personals. Die Renneinsätze wird AF Corse leiten. Die italienische Mannschaft von Amato Ferrari (weder verwandt noch verschwägert mit Enzo Ferrari) leitet schon seit 2012 die GT-Einsätze von Ferrari in Le Mans und hat mehrere Klassensiege feiern können.
Die technischen Details sind noch nicht offiziell. Inzwischen hat Ferrari dem Hypercar bereits einen Test in Fiorano unterzogen. Am Steuer saßen die GT-Asse Alessandro Pier Guidi, James Calado, Miguel Molina, Andrea Fuocco, Davide Rigon, Daniel Serra, Alessio Rovera sowie Nicklas Nielsen. Dazu kommt der erfahrene Andrea Bertolini, jahrelang auch Formel-1-Testfahrer von Ferrari. Geht es nach Aussagen des Teambesitzers, so dürften die GT-Fahrer von Ferrari auch die erste Wahl sein, wenn es um die Cockpitbesetzung für 2023 geht.
Gerüchten zu Folge ist das Ferrari-Projekt allerdings noch nicht in Stein gemeißelt – trotz der Testfahrten. Grund: Für die Finanzierung muss mindestens ein Hypercar an ein Kundenteam verkauft werden. Dabei verlangt Ferrari aber angeblich so viel Geld, dass sich das Interesse bisher in Grenzen hält.
Porsche greift mit seinem LMDh-Prototyp Porsche 963 nach dem 20. Le Mans-Gesamtsieg. Das Herz des Antriebs bildet ein 4,6 Liter großer V8-Biturbo. Das Chassis basiert auf dem LMP2-Renner Multimatic.
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Das Einsatzteam von Porsche wird das US-Topteam Penske sein – unter anderem die erfolgreichste Mannschaft beim Indy 500. Dazu wird das Kundenteam Jota mit einem Porsche 963 in Le Mans fahren. Auch der deuscher Rennstall Proton Competition von Christian Ried könnte als zweiter Kunde hinzukommen (unter anderem mit Ex-Formel-1-Fahrer Gianmaria Bruni).
Fahrer für das Porsche-Werksteam Penske werden: Dane Cameron und Ex-Formel-1-Fahrer Felipe Nasr aus der amerikanischen IMSA-Serie, André Lotterer (früherer Le-Mans-Sieger und Porsche-Formel-E-Fahrer) sowie die Porsche-GT-Piloten Kévin Estre, Michael Christensen, Laurens Vanthoor, Matt Campbell sowie, Mathieu Jaminet (Frankreich).
Porsche-Projektleiter ist der Schweizer Urs Kuratle, ein ehemaliger Formel-1-Chefmechaniker von Sauber, der seit 2013 bei Porsche arbeitet.
Der letzte Porsche-Sieg in Le Mans: 2017 mit Timo Bernhard, Brendon Hartley und Earl Bamber. Das Debüt ist für 2023 geplant. Das Testprogramm beginnt schon Anfang des Jahres 2022.
Der US-Hersteller aus dem General-Motors-Konzern spannt für sein LMDh-Projekt mit Dallara zusammen. Der aktuelle Daytona-Prototyp ist der erfolgreichste seiner Generation. Als Teams stehen IndyCar-Powerhouse Ganassi und Action Express fest. Cadillac will sowohl in der amerikanischen IMSA-Serie, als auch in der Langstrecken-WM WEC an den Start gehen. Bei Ganassi sollen als Fahrer sind Renger van der Zande und Sébastien Bourdais als Fahrer fix. Dazu kommt Earl Bamber für die Langstreckenrennen. Noch unklar ist die Besetzung von Ganassi in der Sportwagen-WM. Action Express hat Alexander Sims und Pipo Derani als Fahrer unter Vertrag, dazu Alexander Lynn bei den langen Events.
Mike Krack, Ex-Leiter BMW M Motorsport, sagt: „Bei uns herrscht Aufbruchsstimmung. BMW hat eine erfolgreiche Historie im Prototypen-Rennsport, unvergessen ist der Triumph in Le Mans 1999. Diese Geschichte in einem modernen Prototyp mit M-Power wieder aufleben zu lassen, wird die Fans von BMW begeistern.“
BMW wird sich ab 2023 vor allem auf die IMSA-Serie konzentrieren. Die USA ist für BMW der wichtigste Fahrzeugmarkt. 2024 kommt BMW auch in die WEC und nach Le Mans.
Das Einsatzteam wird der IndyCar-Rennstall Rahal Letterman, wie schon beim GTE-Programm. Als Chassispartner wird BMW mit Dallara zusammenspannen. Zwar ist Oreca bisher die klar erfolgreichste LMP2-Marke. Doch auch die aktuellen Daytona-Prototypen basieren auf den LMP2-Chassis – und hier hat Dallara in Zusammenarbeit mit Cadillac die Nase vorn.
Die ersten Fahrer sind fix: Connor de Phillippi, Philipp Eng, Augusto Farfus und Nick Yelloly. Dazu kommt bei Langstreckenrennen unter anderem Colton Herta. In Varano hat außerdem Sheldon van der Linde den BMW getestet. Als Triebwerk dient ein alter DTM-Motor, der auf Turbo umgerüstet wird – ein Vierzylinder-V8-Triebwerk.
BMW hat die 24 Stunden von Le Mans zuletzt 1999 gewonnen – damals mit den früheren Formel-1-Piloten Joachim Winkelhock, Pierluigi Martini und Yannick Dalmas.
Die Honda-Marke Acura ist schon jetzt in der IMSA-Klasse mit Daytona-Prototypen der Teams Wayne Taylor Racing und Meyer Shank Racing (dem siegreichen Rennstall des diesjährigen Indy 500) vertreten. Als Motor hat Acura einen 3,5-Liter-V6-Turbo auf Kiel gelegt. Bei den Langstreckenrennen waren unter anderem Hélio Castroneves und Juan-Pablo Montoya als Fahrer aktiv. Montoya fehlt nur noch ein Le-Mans-Sieg zur Triple Crown. Er wäre 2023 aber auch schon 47 Jahre alt. Dann beginnt das neue Acura-Projekt. Ricky Taylor, Matt McMurry und Filipe Albuquerque sind als Fahrer wahrscheinlich. Acura fährt vorerst nicht in Le Mans.
Alpine baut zusammen mit dem Signatech-Team sowie mit Unterstützung der Formel-1-Mannschaft einen LMDh-Prototyp – aber erst für 2024. In den Jahren 2022 und 2023 will Alpine dennoch in Le Mans mitmischen – mit dem kastrierten Rebellion-LMP1, den die Renault-Luxusmarke schon 2021 an den Start schickt. Doch ob die Veranstalter das gestatten, muss abgewartet werden. Als Chassispartner dockt Oreca an. Weil Alpine in der USA keine Autos verkauft, wird sich das Engagement wohl auf die Sportwagen-WM und die 24h von Le Mans beschränken. Neben zwei Werksautos sollen auch Kunden in den Genuss der Alpine-Rennwagen kommen.
2024 will auch Lamborghini mitmischen und baut dafür zusammen mit Ligier einen LMDh-Prototyp, mit V8-Twinturbo als Kraftquelle. Als Einsatzteam ist Iron Lynx so gut wie fix. Das italienische Team ist gut finanziert, schon jetzt in der GT-Klasse in Le Mans dabei und wird sogar mit dem Kauf eines Formel-1-Teams in Verbindung gebracht. Die ersten beiden Fahrer sind schon fix: Mirko Bortolotti und Andrea Caldarelli – zwei langjährige Lamborghini-Fahrer. Der erste Test soll im Frühjahr 2023 starten.
Auch ein Hypercar aus Deutschland könnte 2023 mitmischen in Le Mans. Das Team von Ex-Formel-1-Teamchef Colin Kolles hat schon LMP1-Autos gebaut. Jetzt haben Tom Dillmann, Esteban Guerrieri und Ex-Le-Mans-Sieger Christopher Bouchut bereits unter anderem am Lausitzring das Auto getestet. Probleme gibt es offenbar noch an den Namensrechten. ByKolles will seinen Hypercar unter dem Namen Vanwall laufen lassen. Die britische Marke war 1958 der erste Formel-1-Konstrukteurs-Weltmeister in der Geschichte.
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