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Mercedes: Hamilton macht sich für Bottas stark

Valtteri Bottas Credit: S. Etherington / Mercedes

Valtteri Bottas Credit: S. Etherington / Mercedes

Valtteri Bottas beendet das letzte Qualifying des Jahres vor seinem Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton. Trotzdem steht er wegen George Russell mit dem Rücken zur Wand.

Der Blick war voller Sehnsucht. Als Mercedes-Junior George Russell (22) auf dem Weg zum Wiegen war, musste er an der Mercedes-Box vorbei. Es war ein langer Blick, voller Erinnerungen, voller Gefühle. Und die waren nur eine Woche her. In Bahrain war er als Ersatz des an Covid-19 erkrankten Lewis Hamilton noch der aufgehende Stern am Formel-1-Himmel. Im Qualifying war der Mercedes-Rookie nur weniger als eine Hundertstel-Sekunde langsamer als der erfahrene Valtteri Bottas, startete von Platz zwei. Im Rennen führte er den Finnen vor und nur Pech und Pannen beim Boxenstopp verhinderten den Sensationssieg.

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In Abu Dhabi musste der Brite wieder den Williams fahren. Er wurde 18. im Qualifying, war wie gewohnt schneller als Teamkollege Nicholas Latifi. Russell ist das fleischgewordene Beispiel geworden, dass es in der Formel 1 nicht nur auf Speed und Talent eines Fahrers ankommt. Sondern vor allem auch darum, in welchem Auto er sitzt.

Ob Russell daran gedacht hat, als er nach seinem Ausscheiden im ersten Qualifying-Segment das erste Interview gab? Es fiel auf, dass er erst mal seine Gesichtszüge ordnen musste, um die Ernüchterung und Enttäuschung zu verbergen. „Ja, die vergangenen 14 Tage waren eine emotionale Achterbahnfahrt für mich“, rekapitulierte Russell. „Natürlich“, gab der Mercedes-Youngster zu, „ist der Mercedes ein völlig anderes Auto als der Williams. Aber ich bin Williams zu Dank verpflichtet. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, in der vergangenen Woche den Mercedes im Rennen zu fahren. Deshalb ist es meine Pflicht, alles für sie zu geben.“

Fest steht: Russell ist schon jetzt der große Gewinner der zwei letzten Saisonrennen. Denn der von ihm blamierte Bottas war beim Qualifying in Abu Dhabi in etwa so viel schneller als Lewis Hamilton, wie er es gegenüber Russell in Bahrain war. Trotzdem passt es zur Schicksalslinie des Finnen, dass es nur zu Platz zwei reichte, weil Red Bull-Wunderknabe Max Verstappen wieder einmal einr seiner magischen Runden auspacken konnte.

Valtteri Bottas beendet das letzte Qualifying des Jahres vor seinem Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton – LAT Images

Das heißt, dass Bottas beim Rennen als Zweiter auf der schmutzigen Linie starten muss und Teamkollege Hamilton als Dritter ihn locker aus beschleunigen kann. Sollte er dem britischen Superstar im Rennen unterlegen sein, werden besonders die englischen Medien noch lautstärker Russell in den Mercedes fordern. Fest steht: Russell reist als Imagegewinner vom letzten Saisonrennen ab.

Das weiß auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Der Wiener, der in der letzten Woche die Zukunft von Bottas mehrmals in Frage stellte, gab sich deshalb große Mühe, den Finnen zu stärken: „Es war haucheng im Qualifying. Valtteri hat eine starke Leistung abgeliefert. Genauso wie wir ihn sehen wollen.“ Auf dessen Zukunft angesprochen machte er eine 180-Grad-Wendung: „Bottas hat einen Vertrag bei uns, an den wir uns auch halten werden. Solange Valtteri sich wohl fühlt, wird er auch für uns fahren.“

Allein: Welche Sätze von Wolff sind mehr wert? Die von Kalkül gesteuerten in Abu Dhabi oder die emotionalen der letzten Tage. Da hatte Wolff sich noch anders angehört, als man ihn auf die Zukunft von Bottas angesprochen hatte: „Der schwarze Schwan schwimmt immer dann vorbei, wenn man es am wenigsten erwartet. Mit George Russell wurde ein neuer Star geboren“, hieß es da aus dem Mund des Österreicher.

Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher jedenfalls ist sich sicher, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: „Toto hat den schwarzen Schwan schwimmen lassen. Das wird er nicht mehr los.“ Was Schumacher meint: Die öffentliche Wahrnehmung ist jetzt manifestiert: Und die heißt, dass mit Bottas nicht der beste verfügbare Mercedes-Fahrer 2021 im Silberpfeil sitzen würde.

Hamilton setzt sich, vielleicht auch deshalb, für Bottas als Teamkollegen ein. Folgende Sätze zeigen, wie sehr ihn Russells Leistungen und die Euphorie, die sein junger Landsmann besonders in seiner britischen Heimat ausgelöst hat, genervt haben müssen: „Ich weiß nicht, wie viele nette Wort ich noch über Valtteri sagen kann. Ich habe nicht das Gefühl, dass er oder ich seine Performance rechtfertigen müssen. Wir hatten enge Qualifyings. Es ist ein harter mentaler und emotionaler Kampf das ganze Jahr. Schön, dass wir eine Beziehung wie zwei Gentlemen pflegen. Das spricht für seinen Charakter. Ich denke, er wird nächstes Jahr noch stärker sein, also muss ich auch an mir arbeiten. Immerhin ist er heute schon schneller als ich.“ 

Fest steht: Hamilton macht klar, dass er Russell als Teamkollege nicht haben will. Auch das muss dem jungen Briten wie ein Ritterschlag vorkommen.

Von: Ralf Bach und Bianca Garloff

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