F1-Insider-Reporter Ralf Bach war in Spa 1991 live dabei, als Michael Schumacher sein Formel-1-Debüt feierte. So erlebte er das GP-Wochenende, das die deutsche Motorsportwelt verändern sollte
Michaels Formel-1-Einstieg kam für mich ebenso überraschend wie für ihn. Obwohl wir längst von der Formel 1 geträumt hatten. Wir, das waren Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und ich. Die beiden gehörten dem Mercedes-Junior-Team an, ich war damals blutjunger Motorsport-Reporter in Köln. Wir trafen uns oft, träumten davon, die Arrivierten herauszufordern.
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Beim Sportwagen-Rennen am Nürburgring zwei Wochen vor Spa eröffnete Michael mir plötzlich: „Ich kann in Spa den Jordan fahren.“ Jede Faser seines Körpers sagte mir: „Ich will!“ Hintergrund: Bei Jordan musste Stammpilot Bertrand Gachot nach einer Auseinandersetzung mit einem Londoner Taxifahrer ins Gefängnis. Also bot der damalige Mercedes-Rennleiter Jochen Neerpasch dem Team seinen Junior an.
Jordan zeigte sich zwar interessiert, bestand aber auf Testfahrten und 150 000 Pfund (damals ca. 450 000 Mark) für den Einsatz. „Wir wussten nicht, was uns erwartet“, gab Jordan-Teammanager Trevor Foster damals zu. „Dann traf uns der Schlag.“
Eddie Jordan erzählt heute noch genüsslich die Geschichte von der Diskussion um eine angeblich defekte Stoppuhr. Denn Michael war in 25 Runden beim Test in Silverstone eine Sekunde schneller als Stammpilot Andrea de Cesaris. Jordan brach den Test vorzeitig ab – aus Angst um das Auto. Michael damals verständnislos: „Ich war zwar schnell am Limit, hatte aber noch gar nicht angefangen, das Auto abzustimmen.“
Das viel größere Problem: Jordan fragte ihn, ob er Spa kenne. Natürlich kannte Michael die Strecke nicht, hatte aber Angst davor, die Wahrheit zu sagen. Also log er.
Auf dem Weg nach Spa rief er mich mit seinem Knochen von Mobiltelefon sogar noch aus dem Auto an und fragte nach dem Weg.Am Donnerstag war die Formel-1-Welt noch in Ordnung. Michael zog den Overall seines Teamkollegen an, klebte den Namen ab und lächelte geduldig in die Kameras. Am Freitag schaute er den Kollegen bei der Vorqualifikation zu, „um zu lernen“ – um acht Uhr morgens, irgendwo an der Strecke, unbeobachtet. Es war das letzte Mal, dass man den Nachwuchspiloten aus Kerpen in Ruhe ließ.
Die etablierten Fahrer wie Alain Prost und Nigel Mansell hielten den jungen Mann mit dem etwas zu großen grünen Overall zunächst für einen Mechaniker des Jordan-Teams. Am Freitag wusste dann jeder, wer dieser Schumacher war: Platz acht! Überhaupt hatte es keine fünf Runden gedauert, bis eine Aktion von Michael dazu führte, dass er zur Rennleitung zitiert wurde – wegen ungebührlichen Verhaltens. Er hatte dem Superstar Alain Prost im Ferrari die Faust gezeigt – mit der Begründung: „Der Herr Prost hat nicht in den Spiegel geschaut.“ Ich fand’s großartig.
Die Strecke hatte er zuvor in zwei Runden auf dem Fahrrad kennengelernt. Gemeinsam mit Heinz-Harald Frentzen, der in Spa Formel 3000 fuhr. Die meiste Zeit verbrachte Michael eh im Fahrerlager der Juniorkategorie. Dort unterhielt er sich stundenlang mit Kumpel Frentzen. Dessen Freundin Corinna – später Frau Schumacher – kochte Kaffee für die beiden – und mich.
Nach dem Qualifying waren alle durch den Wind. Michael hatte den unterlegenen Jordan auf Startplatz sieben gestellt. Franco Lini, ein italienischer Journalist kniff ihm voll italienischer Inbrunst in die Wangen: „Wenn der alte Enzo noch leben würde, er hätte dich heute angerufen“, sagte der alte Mann, der vor seiner journalistischen Laufbahn einmal Rennleiter bei der Scuderia aus Maranello war.
Der 22-Jährige aus Kerpen schlug in den Planeten Formel 1 ein wie ein Komet. Im Rennen verbesserte er sich auf Rang fünf, kam aber nur einen Kilometer weit – die Kupplung des Jordan war verbrannt. Die Formel-1-Welt ahnte dennoch, dass ein künftiger Champion sein Debüt gegeben hatte.
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