Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost fordert nach dem Unfalltod von Jules Bianchi einen Aufprallschutz. Die FIA glaubt aber nicht, dass der nötig ist
Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestones (84) Zusammenfassung über den tragischen Unfalltod von Jules Bianchi (25) sagt eigentlich alles: „Was Jules passiert ist, war einfach sehr, sehr unglücklich. Der Traktor hätte niemals da sein dürfen.“
Der Franzose war im Oktober in Suzuka in einen tonnenschweren Bergungskran gerast und hat sich dabei tödliche Kopfverletzungen zugezogen. Klar: Die Formel 1 hat danach reagiert. Mit dem virtuellen Safety Car hat man eine Art Tempolimit eingeführt. Außerdem werden alle Trainingssitzungen nach schweren Unfällen nun immer abgebrochen.
Allein: Den Grund für die tödlichen Verletzungen hat die FIA noch nicht abgeschafft. Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost (59) klagt im Gespräch mit AUTO BILD MOTORSPORT an: „Die Bergungsfahrzeuge selbst wurden immer noch nicht entschärft. Virtuelles Safety Car hin oder her – wenn ein Auto mal einen Reifenschaden oder einen Aufhängungsbruch hat, kann es trotzdem abfliegen. Und bei diesen Kränen besteht aufgrund ihrer Höhe immer die Gefahr einer schweren Kopfverletzung, wenn das Auto unter den Kran rutscht. Selbst bei geringeren Geschwindigkeiten.“
Die FIA rechtfertigt sich mit dem offiziellen Untersuchungsbericht des Bianchi-Unfalls. Darin kommen die Experten zu dem Schluss, dass „Bianchis Verletzungen durch eine Cockpitkuppel oder einen Aufprallschutz am Bergekran nicht hätten verhindert werden können“. Rund 250 g haben auf den Kopf des Franzosen gewirkt. Allein: Die Fliehkräfte waren nur deshalb so groß, weil der Marussia unter den Kran rutschte und Bianchis Kopf abrupt verzögert wurde.
Fakt ist: Die Formel 1 hat viel für die Sicherheit getan: HANS-System, Radseile, höhere Cockpits, ein Chassis aus schusssicherem Material, besondere Barrieren an Stellen ohne große Auslaufzonen. Doch offenbar hat man aus dem tragischen Unfall von Jules Bianchi im vergangenen Oktober in Suzuka noch nicht genug gelernt.
Denn auch beim letzten Rennen in Ungarn wurden weiterhin normale Bagger eingesetzt. Tost: „Dabei hatte ich schon 1994 zu Michael Schumacher gesagt, dass diese Dinger gefährlich sind und er sich in der Fahrervereinigung dafür einsetzen soll, dass sie besser geschützt werden.“ Der Österreicher erinnert sich: „Damals waren wir bei einem Test in Jerez, als ein Auto abgeflogen war. Die Bagger fuhren auf die Strecke und es wurden nur gelbe Flaggen geschwenkt. Da habe ich so ein Unglück wie das von Bianchi kommen sehen.“ Getan hat sich seither aber nichts.
Tost schlägt vor: „Man bräuchte eine Leitplanke rund um den Kran, damit kein Formel-1-Auto darunter rutschen kann. Nur so verhindern wir schwere Kopfverletzungen.“
Immerhin: Die Piloten selbst sind sensibilisiert. „Ich fuhr in Ungarn mit der World Series und ein Auto crashte in der schnellsten Kurve“, erzählt Manor-Pilot Roberto Merhi (24). „Da kam ein Traktor, um das Auto zu bergen. Als ich diese Situation und die gelbe Flagge gesehen habe, bin ich sofort deutlich langsamer gefahren. In der Vergangenheit wäre ich vielleicht nicht vom Gas gegangen.“
Dazu kommt: Der Automobilweltverband führt nach Bianchis Tod weitere Sicherheitsmechanismen ein. Der stecknadelgroße Sensor im Ohr, der die G-Kräfte am Kopf des Fahrers misst, soll bald auch biometrische Daten wie Puls und Temperatur senden. Ab 2016 könnte das Messgerät freiwillig von einigen Fahrern getestet werden.
Auch die Forschung zu Glaskuppeln und Cockpitkäfigen wird nach Informationen von AUTO BILD MOTORSPORT weiter vorangetrieben. Derzeit plant die FIA eine Reihe von Crashtests mit Kuppel-Designs, die unter anderem in der Strategiegruppe vorgeschlagen wurden. Auch ein Überrollkäfig steht dabei auf dem Prüfstand. „Das ist aber nicht so einfach“, weiß Franz Tost, „eine Kuppel müsste großen Kräften standhalten, gleichzeitig im Notfall leicht und schnell zu öffnen sein, damit der Fahrer zum Beispiel bei Feuer schnell aus dem Cockpit befreit werden kann.“
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