24h Le Mans

Die 93. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans endete wie erwartet mit einem Sieg von Ferrari. Fast ganz am anderen Ende der Ergebnisliste fand sich fortwährend Peugeot – zwar sehr zuverlässig im Dauerlauf, aber leider ohne Chance auf mehr.
Der Sieg des Ferrari 499P kam nicht unerwartet. Die Regelmacher des Automobile Club de l‘Ouest (ACO) verpassten dem Sport-Prototyp aus Maranello eine Balance of Performance (BoP), die den Ferrari (bereits in allen bisherigen WEC-Rennen überlegen) nicht etwa in seiner dominanten Leistungsentfaltung zur Konkurrenz nivellieren sollte, sondern im Gegenteil eher noch uneinholbarer erweisen sollte.
Der dritte Le Mans-Sieg für die Traditions-Rennsportmarke also. Derweil darbte Peugeot mit WEC-Neueinsteiger Aston Martin chancenlos am Ende des 21-Wagen starken Hypercar-Feldes, klar hinter der weiteren Konkurrenz von Porsche, BMW, Toyota, Cadillac und Alpine.
Nach einer überraschend guten Performance beim dritten Saisonlauf in Spa, wo sich Peugeot nur durch Strategiefehler hinter dem Safetycar eine Platzierung in den Top Fünf vermasselt hatte, hegte die Truppe um Sport-Chef Jean-Marc Finot und Technik-Oberhaupt Olivier Jannsonie für den Saisonhöhepunkt in Le Mans noch große Hoffnungen.
Die Enttäuschung kam postwendend beim Testtag eine Woche vor dem Langstrecken-Klassiker: Als langsamstes Auto im Hypercar-Feld sah sich die Marke mit dem Löwen noch vor dem großen Event chancenlos. „Die Regeln für Le Mans sind etwas anders als für die anderen WEC-Rennen. Das wussten wir schon vorher, deshalb durften wir nicht überrascht sein“, äußerte sich Peugeot-Ass Loíc Duval.
Der Wille, alles Unmögliche möglich zu machen und alles zu versuchen, was jegliche Strategie und Handlungsoptionen zulassen könnten, gelang den Franzosen mit ihrem im Schnitt rund drei Sekunden pro Runde zu langsamem Fahrzeug soweit gut. Doch am Ende sprangen eben nur die Schlussränge zwölf und 17 heraus, mit drei respektive acht Runden Rückstand. Letztlich zu wenig für einen Hersteller, der sich von Beginn des Projekts im Jahr 2021 an deutlich optimistischer geben durfte und auf Zweikämpfe mit der Konkurrenz auf Augenhöhe einstellte.
Der 9X8 basierte einst auf einem ganz anderen Fahrzeug-Konzept. Ohne Heckflügel, dafür mit vermeintlich revolutionärer Aerodynamik, mit vier gleich großen, 31 Zentimeter breiten Rädern – das war der Plan. Peugeot verließ sich auf die Regelmacher, die den zuschaltbaren Allradantrieb mit der Elektromaschine an der Vorderachse deutlich früher gestatten sollte. Das wurde indes durch nachträgliche Regeländerungen obsolet, so dass der Peugeot die elektrische Extrapower erst ab Tempo 180 zuschalten darf.
Die erforderlichen Umbaumaßnahmen – wofür Peugeot die vom Reglement zugestandenen „Joker“ nutzen musste – linderten die Misere freilich nicht. Und in diesem Status Quo wird die Equipe aus Vélizy den Rest dieser und auch der gesamten kommenden Saison durchstehen müssen.
Aber das Bekenntnis des Vorstandes für eine Fortsetzung des WEC-Projekts ist gegeben, die Budgets von oberster Stelle genehmigt: Peugeot-Chef Alain Favey hat der Entwicklung eines neuen Hybrid-Renners zugestimmt. „Wir werden noch sehr lange der WEC erhalten bleiben“, unterstrich Favey. Ein neues Hypercar soll dann ab 2027 am Start stehen. Der ACO hatte am Freitag vor dem Rennen die Homologation der Hypercar-Klasse bis 2032 verkündet. Peugeot könnte mit einem neuen Modell dann auch wieder auf fünf Weiterentwicklungs-Joker im Lauf der Jahre zugreifen.
Der größte Benefit der Peugeot-Mannschaft ist das Team selbst. Ingenieure, Strategen, Mechaniker und Fahrer müssen jetzt zusammenhalten, dass das Langstrecken-WM-Projekt irgendwann zum Erfolg geführt wird. Mal eben für ein Jahr lang etwa die Saison 2026 aussetzen, bringt nichts. Also muss Teamboss Finot das Team zusammenhalten, um bei seinen Leuten das unabdingbare Gefühl für Renndynamik, für Entscheidungen, für Meisterschafts-Entwicklungen, für sportliche Abläufe und für den Blick auf die Konkurrenz am Leben zu erhalten.
„Wenn du ein Jahr lang pausierst, hast du den Anschluss verloren. Das Niveau in der WEC ist sehr, sehr hoch“, sagt ein Peugeot-Insider, „die Teams pushen sich immer weiter. Verlierst du beim Stopp an der Box nur eine Sekunde, kann das über Sieg und Niederlage entscheiden.“ Also lieber die Teamstruktur trotz Erfolglosigkeit über die Runden bringen.
Beim vierten WEC-Saisonlauf an der Sarthe ging Peugeot erneut leer aus. Leider muss man sagen: In einem relativ ereignislosen Rennen mit wenigen Ausfällen überzeugte der 9X8 zumindest mit starken Steher-Qualitäten. Die Startnummer 94, in der sich Loíc Duval, Stoffel Vandoorne und Youngster Malthe Jacobsen abwechselten, verlor einzig Zeit durch einen halben Dreher in der Mulsanne-Kurve (20 Sekunden), sowie am Sonntagmorgen gegen neun Uhr, als ein schleichender Plattfuß vermutet wurde. Somit ist Rang zwölf kein allzu schwaches Ergebnis, auch wenn sich Duval in den Schlussminuten noch Mick Schumacher geschlagen geben musste.
Der zweite Peugeot mit der Nummer 93 indes sorgte für den ersten Aufreger in der Frühphase des Rennens, als Paul di Resta beim Überrunden von einem GTD-Ferrari in die Irre geführt wurde und eingangs der Porsche-Kurven breitseits die Reifenstapel küsste. Das erforderte nicht nur neue Karosserieteile, sondern auch den Tausch der Lenkung. „Das haben die Jungs in nur elf Minuten flott geschafft“, lobte Finot seine flinken Mechaniker.
Das Rennen bestritt Peugeot mit klarem Blick auf strategische Entfaltung. „Wir wussten ja, wir konnten nicht um den Sieg fahren. Daher sind wir sehr sprit-sparend gefahren, haben somit Stopps eingespart und auch mehrere Stints auf dem gleichen Satz Reifen absolviert“, erläuterte Finot. Nach sechs Rennstunden hatte man einen der Cadillac in Griffweite. Letztlich lautete das Resümee des immer gut gelaunten Franzosen: „Wir kennen das Potenzial unseres Autos in der derzeitigen Le Mans-Spezifikation. Das Team hat sehr professionell gezeigt, was damit möglich war.“
Autor: Gregor Messer
FOLGT UNS AUF YOUTUBE!
Das ist F1-Insider.com