Mit dem neuen Toyota Gazoo Racing Iberian Cup gönnt Toyota seinem GR Yaris einen eigenen Rallye-Markenpokal. Wir durften das Auto in Spanien testen.
Der Toyota GR Yaris hat sich in der Szene binnen kürzester bereits seinen Ruf als Rallyeauto mit Straßenzulassung erarbeitet. Aber in wem so viel Rallye steckt, der hat sich auch seinen eigenen Markenpokal verdient. Diesen gönnt Toyota seinem Kraftwürfel nun auf der iberischen Halbinsel: Von den Azoren bis Madrid, neun Rallyes stehen beim Gazoo Racing Iberian Cup, der Ende März seine Premiere feiert und mindestens drei Jahre lang laufen soll, auf dem Programm.
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F1-Insider.com durfte den GR Yaris außerhalb von Barcelona auf der privaten Rallye-Teststrecke von keinem Geringeren als Dakar-Sieger Nasser Al-Attiyah testfahren. Ein Erlebnis, so knackig und schmackhaft wie die rohen Daten zu Toyotas Rallye-Allrounder: 261 PS, verteilt auf 1.280 kg, befeuert von einem 1,6-Liter-Dreizylinder-Turbo-Benziner und damit dem stärksten Serien-Dreizylinder der Welt, der das Auto in 5,5 Sekunden von 0 auf 100 schießen lässt. Bereits bei der für 38.000 Euro zu erstehenden Straßenversion, läuft einem da das Wasser im Munde zusammen.
Die Rallye-Version des Iberian Cups kostet zirka das Doppelte, dafür steht dann ein echter Vollblut-Rennwagen vor einem. Zusammen mit Technik-Partner MSi haben die Japaner den GR Yaris innen ausgenommen wie eine Weihnachtsgans: Das Interieur ist durch einen stabilen Überrollkäfig ersetzt, hinzu kommen viele Extras wie die relevanten Sicherheitssysteme mit integriertem Feuerlöscher, diverse Karbonteile oder der neue GR-FOUR all-wheel-drive Antriebsstrang. Auch ein angepasstes Auspuffsystem, eine Technoshock-Aufhängung und natürlich die entsprechende Rallye-Bereifung gibt es dazu.
Dabei präsentiert sich bereits die Straßenversion äußerst lecker, als ich das erste Mal mit dem GR Yaris in den Drift gehe. Ansprechendes Fahrverhalten, eine kurze Übersetzung und insgesamt ein hoher Fun-Faktor stehen nach ein paar Testrunden auf sandigem Untergrund zu Buche. Einziges Manko: Mit meinen 1.90 Meter Körpergröße habe ich vor allem auf Grund der hohen Sitzposition Probleme, meinen Kopf unterzubringen – mit Helm wird das natürlich nicht leichter.
Wirklich brauchen tue ich diesen aber erst in der Rallye-Version, die Toyota jetzt für den Iberian Cup scharfgestellt hat – und die noch mal ein ganz anderes Kaliber ist. Das merkt man beim ersten Gasstoß schon auf audiovisueller Ebene: Mit dem Rennlenkrad in der Hand, fühle ich mich wie Sébastien Ogier höchstpersönlich. Mit dem Sound, der hinten aus dem GR Yaris dröhnt, und so blechern und laut ist, wie ein Rennauto eben röhren muss, schaue ich lieber gleich zweimal in den Rückspiegel, ob der französische Rallye-Champ mir nicht tatsächlich schon im Getriebe hängt.
Trotz aller Sinnesüberforderung nach dem Umstieg vom Straßen- ins Rallyeauto: Eingewöhnungszeit braucht es erfreulicherweise keine, denn die Lenkung reagiert direkt und auch die Hardcore-Version des GR Yaris macht ziemlich genau das, was ich will: Mit jeder Runde gewinne ich mehr an Selbstvertrauen und gefühlt auch an Rundenzeit. Dann übertreibe ich es natürlich und drehe mich auf dem staubigen Untergrund: Mein persönliches Limit ist also erreicht.
Dass dieses absolut nichts mit dem des Autos zu tun hat, zeigt mir danach der Profi: Der spanische Rallyemeister und WRC-Pilot Pepe López (26) nimmt mich mit auf eine fliegende Runde. Statt auf den sandigen Mini-Parcours mit massig Auslauf, biegt er ab auf eine richtige Rallyestrecke in den hügeligen Wäldern Kataloniens. Da schwant mir bereits Böses…
Der Speed ist dabei weniger das Problem, daran gewöhnt man sich zügig. Verrückt sind aber neben den hohen Fliehkräften, die mich in den Sitz drücken und meinen Helm immer wieder rechts und links an die Polsterung schlagen lassen, vor allem die Gefühle bei Höhenunterschieden: Eine Kuppe nach der anderen nimmt der GR Yaris, steil geht es runter, teilweise im wilden Drift: Jedes Mal kommt es meinem Magen vor wie in der Achterbahn. Knüppelhart wie das Auto auf der Straße liegt, spürt man gefühlt jeden Stein, den der GR Yaris aus dem Untergrund in die Landschaft schleudert.
Mein zuvor bereits ausgestelltes positives Zeugnis für die Vorderachse, freut mich in diesen Momenten dann auch aus persönlichen Gründen ganz besonders: Denn Lopez fliegt die Kurven derart eng an, dass kein Blatt Papier mehr zwischen unsere Front und die Felswand auf der Innenseite passt. Da außen ein bedrohlicher Abhang lauert, bin ich mehr als froh über das präzise Fahrwerk.
Ordentlich durchgeschüttelt und nicht minder beeindruckt vom Zusammenspiel meines Piloten und seines Arbeitsgeräts, steige ich nach gut sieben Kilometern ziemlichen Wahnsinns schließlich wieder aus: So einen Höllenritt hätte ich Toyotas kleinem Rallye-Monster gar nicht zugetraut, das Fazit fällt entsprechend positiv aus: Obwohl der GR Yaris so ein geradliniges Rallyeauto ist, geht es auf der Piste erfreulicherweise meistens quer – genau das, was der ambitionierte Hobby-Racer und Rallyefan sehen will.
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