Ab Morgen gibt es bei Netflix die Dokumentation zu SCHUMACHER zu sehen. Wir haben schon mal reingeschaut.
Ein Ferrari rast über den Formel-1-Kurs von Monaco. Raus aus dem Tunnel. Rein in die Hafenschikane, Tabac. Schwimmbad. Rascasse. Alles am Limit. Der V8-Motor kreischt. Die Aufnahme nimmt den Zuschauer mit ins Cockpit. Im Ohr: die Stimme des Rekordweltmeisters. Das ist SCHUMACHER. Michael Schumacher.
Netflix hat vor drei Jahren bereits die Formel 1 in die Wohnzimmer gebracht. „Drive to survive“ ist eine Hochglanz-Doku: dramatisch aufbereitet, teilweise überdreht und cineastisch überhöht. Morgen, am 15. September, wird „SCHUMACHER“ vom gleichen Streaming-Dienst veröffentlicht.
Und der Film über den Rekordweltmeister aus Deutschland ist nichts von all dem. Er ist eine Dokumentation über ein Leben auf der Überholspur – und über die Macht des Schicksals. Rasant, brutal, emotional.
Dabei beginnt er ganz leise und ganz langsam. Luftblasen im Wasser. Sonnenstrahlen durchfluten das Meer. Ein Junge und ein Mädchen winken in die Unterwasserkamera, umringt von Schildkröten. Ent- statt Beschleunigung. Die Doku lüftet gleich am Anfang den Vorhang zum liebevollen Familienmenschen Michael Schumacher, öffnet das Privatarchiv, das die Familie bislang so geheim hielt wie ein Formel-1-Team seine Rennstrategie.
Es ist eine Hommage an den Ehemann und Vater: Hochzeit, Fallschirmspringen, Urlaub in Norwegen. Starke Bilder erzählen vom schnellen und gleichzeitig harmonischen Leben abseits der Rennstrecke. Zwischendrin immer wieder Interviewausschnitte. Mit Schumacher selbst, seiner Familie, Wegbegleitern, Konkurrenten.
Es sind 112 Minuten Michael Schumacher pur, die schnell dann auch ganz schnell werden. Aus dem Wasser wechselt die Szenerie auf die Rennstrecke. Aus unbekannten Bildern werden unbekannte Anekdoten wie diese: Nach einem Sieg im Kart bekommt der junge Schumi 696 Mark.
Die Doku wird zur Erfolgsgeschichte, skizziert mit beeindruckenden aber für Fans größtenteils bekannten Archivbildern den Weg Schumachers zum erfolgreichsten Rennfahrer seiner Zunft: Einstieg in die Formel 1 mit Jordan, erste Erfolge mit Benetton, zweimal Weltmeister, Wechsel zu Ferrari.
An dieser Stelle dürfen Fans noch einmal die emotionale Achterbahnfahrt der ersten Jahre in Rot durchleben, die Dramaturgie des realen Sportlerlebens, in dem Schumacher vier Jahre vergebens dem so ersehnten Titel mit Ferrari hinterherfährt. Gefühlt sitzt man mit im Cockpit, als der Deutsche nach seiner Kollision mit Jacques Villeneuve in Jerez 1997 die Räder durchdrehen und Kieselsteine aufwirbeln lässt.
Umso erlösender der Funkspruch von Ferrari-Technikchef Ross Brawn im Großen Preis von Japan 2000. „It looks good.“ Es sieht gut aus.
Mika Häkkinen, Damon Hill und David Coulthard oder der frühere Ferrari-Teamchef Jean Todt berichten mit leuchtenden Augen von einem Mann, der für seinen Sport brannte. Von außergewöhnlichem Talent, ganz viel Fleiß, technischem Sachverstand und einem Ehrgeiz, der den Protagonisten nicht nur einmal übers Ziel hinausschießen ließ.
Für Schumacher-Fans ist es eine spannende Zeitreise mit einer gehörigen Portion Nostalgie. Für alle anderen eine kurzweilige Formel-1-Geschichtsstunde mit dem kreischenden Motorsound der 90er und 2000er Jahre.
Während der erste WM-Titel in Rot ausgiebig auf der Leinwand nachgefeiert wird, sind die nächsten vier Titel auch in der Doku nur Zugabe. Nur am Rande erwähnt wird Schumachers Comeback bei Mercedes. Es passt auch nicht in den Spannungsbogen des erfolgsverwöhnten Hauptdarstellers.
Schnitt.
Schneebedeckte Berge. Méribel, Frankreich. Die letzten elf Minuten sind die traurigsten und stärksten zugleich. Emotional und bewegend äußern sich Corinna, Gina-Maria und Mick Schumacher über den schweren Skiunfall ihres Familien-Helden. Sie sprechen aus, worüber sie fast zehn Jahre schwiegen. Dabei entstehen Aussagen mit Gänsehautpotential, die von unglaublicher Liebe und Stärke einer Familie am Limit zeugen.
„Es war einfach Pech. Mehr Pech kann man nicht haben“, sagt Corinna Schumacher und kämpft mit den Tränen. „Michael hat uns immer beschützt. Jetzt beschützen wir Michael.“ Sie öffnet 30 Jahre nach dem Formel-1-Debüt ihres Mannes ihren emotionalen Tresor voller Bilder und großer Gefühle.
Schumacher ist ein sensibles Porträt des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters und trotzdem keine kritiklose Lobhudelei. Die Doku zeigt die vielen Gesichter, die den Menschen und Sportler Michael Schumacher ausmachen. Eines ist sie aber nicht: ein Hollywood-Film.
Hier geht es um das wahre Leben und Schicksal eines echten Helden, der mit seinem Ferrari ins Dunkel des Tunnels von Monaco verschwindet.
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