Toro-Rosso-Pilot Max Verstappen im Exklusivinterview mit AUTO BILD MOTORSPORT nach dem GP Australien. Lernen Sie den jüngsten Punktesammler aller Zeiten kennen!
Herr Verstappen, mit Ihren 17 Jahren und etwas mehr als 150 Tagen sind Sie der jüngste Formel-1-Fahrer aller Zeiten. Beenden konnten Sie Ihren ersten GP aber nicht. Wie enttäuscht sind Sie über Ihren Motorschaden?
Max Verstappen: Der Ausfall ist schon schwer wegzustecken Das Einzige, was mich tröstet: Es war nicht mein Fehler. Ich habe also gezeigt, dass ich nicht zu jung bin für Rennen in der Formel 1.
Sie sprechen es selbst an: Sie haben aufgrund Ihres Alters viele Kritiker. Was antworten Sie denen?
Jeder kann seine eigene Meinung haben. Am Ende liegt es an mir zu zeigen, dass sie im Unrecht sind. Im Übrigen gibt es weltweit den Trend, dass Hochleistungssportler immer jünger werden. Real Madrid hat einen 16-jährigen Norweger in den Profikader aufgenommen. Ich bin also gar keine Ausnahme.
Aber einen Führerschein haben Sie noch nicht.
Doch. Ich darf fahren, aber nur wenn mein Vater oder meine Mutter neben mir sitzen. Das ist in Belgien, wo ich wohne, eben so. Die Fahrstunden sind dort quasi die Fahrten mit den Eltern. Nach einem Jahr muss ich dann die Praxisprüfung machen, in der ich beweisen muss, selbstständig ein Auto sicher im Straßenverkehr bewegen zu können. Aber ich lasse mich im normalen Verkehr sowieso lieber chauffieren.
Wie kommt’s?
Ich finde normales Autofahren total langweilig, ich schlafe fast ein dabei. Es ist viel cooler nur dazusitzen und sich beim Fahren die Gegend anzuschauen.
Sie leben zusammen mit Ihrem Vater in Belgien und gehen dort auf eine Privatschule. Warum tun Sie sich diese Doppelbelastung an?
Ich muss zugeben: Ich bin immer froh, wenn der Unterricht vorbei ist. Aber natürlich ist es gut, neben der Formel 1 ein weiteres Standbein zu haben. Ich will das durchziehen, bis ich 18 bin und meinen Abschluss machen.“
Apropos: 2007 wurde auch von Sebastian Vettel behauptet, das er noch zu jung (19) sei. Er hat es aber allen gezeigt. Ist er ein Vorbild für Sie?
In dieser Beziehung ja. Wenn mir jemand einen Zettel hinhalten würde, auf dem steht, dass ich die gleichen Erfolge einfahren oder sogar besser sein könnte als er, ich würde sofort unterschreiben. Im Moment bin ich aber nur auf diese Saison fokussiert.
Sie sollen so viel Talent haben, dass man Sie sogar schon mit dem
legendären Ayrton Senna vergleicht. Setzt Sie das unter Druck?
Es macht mich stolz, aber ist noch so weit weg, dass ich mich nicht damit beschäftige.
Woher haben Sie das Talent?
Mein Vater (Jos Verstappen, Ex-F1-Pilot; d. Red.) und meine Mutter waren Rennfahrer. Eigentlich konnte also nichts anderes aus mir werden. Zu 95 Prozent hat mein Vater mich dann gefördert. Ohne ihn wäre ich heute nicht hier.
Hat er Ihnen den Sport auch nahegebracht?
Im Gegenteil. Als ich vier Jahre alt war, wollte ich schon ein eigenes Kart haben. Er sagte, das hätte erst mit sechs Sinn. Ich habe dann allerdings so lange geheult und geschrien, bis er mir doch eins gekauft hat. Meine Mutter konnte auch nicht viel dagegen sagen: Sie fuhr ja auch Kartrennen auf hohem Niveau. Gegen Button oder Fisichella zum Beispiel.
Wie brachte Ihr Vater Ihnen das Fahren bei?
Ich fuhr und er stand am Streckenrand und schaute mir zu. Er zeigte mir die richtigen Fahrlinien, brachte mir die Bremspunkte bei. Ich wusste sofort, was zu tun war. Ich wuchs damit auf und lernte deshalb alles spielerisch. Später verbot er mir beispielsweise auf der Geraden zu überholen. Ich sollte das gefälligst in der Kurve tun. Das hat mich geformt.
Können Sie sich noch an das Kartfahren mit Michael Schumacher und
seinem Sohn Mick erinnern?
Ein wenig. Wir gingen manchmal zusammen in den Urlaub. Ich kann mich erinnern, dass wir manchmal zusammen fuhren. Mein Vater hatte mich dann auf dem Schoss sitzen, Michael Mick. Wer gewonnen hat? Keine Ahnung! Dieses Jahr fährt Mick in der Formel 4 beim Amersfoort-Team. Dort fuhr ich in der vergangenen Saison in der Formel 3. Deshalb weiß ich, dass er dort in sehr guten Händen sein wird.
Ihr Vater stieg ja auch mit damals 22 Jahren sehr früh in die Formel 1 ein …
… ja aber unter völlig anderen Voraussetzungen. Sein Teamkollege bei Benetton war 1994 gleich Michael Schumacher. Wie wir wissen, der erfolgreichste Formel-1-Pilot aller Zeiten. Das war die Höchststrafe für ihn. Eigentlich hatte er unter diesen Umständen keine Chance, sich zu profilieren. Bei mir ist das jetzt anders. Toro Rosso und Red Bull sind es gewohnt, mit jungen Fahrern zu arbeiten und sie heranzuführen. Dort bin ich optimal aufgehoben.
Fast wären Sie aber bei Mercedes gelandet …
Ja, sie boten mir ein GP2-Cockpit an und die Rolle des Test- und Ersatzfahrers. Aber gerade bei der GP2 hatte ich große Bedenken. Ich hatte da das Schicksal des Ferrari-Juniors Marciello vor Augen. Der war der King in der Formel 3 und plötzlich stockte in der GP2 seine Karriere. Dieses Risiko war für mich zu groß. Dann kam Helmut Marko und sagte, wir wollen dich: Und zwar gleich als Formel-1-Pilot. Das überzeugte mich.
Helmut Marko kann streng sein …
… aber er ist immer fair. Er erinnert mich an meinen Vater. Deshalb bin ich diese Art gewohnt. Mein Dad war auch nie zufrieden und wollte, dass ich immer besser werde. Selbst bei Siegen mit großem Vorsprung moserte er noch rum: „Kurve drei bist du schlecht gefahren.“ Dieses ständige Hinterfragen hat mich zu einem besseren Fahrer gemacht. Und deshalb bin ich auch kein normaler 17-Jähriger.