24h Le Mans

Mit einer limitierten Supra folgen wir Toyotas Langstrecken-Team auf dem Weg zum Saisonhighlight nach Le Mans – und erleben Motorsport von gestern und heute.
Das Herz von Toyota Gazoo Racing in Europa schlägt in Köln. Auf einem Parkplatz im etwas unscheinbaren Stadtteil Marsdorf steht das Objekt unserer Begierde, bereit für eine Pilgerfahrt der besonderen Art. Während die beiden Hypercar-Rennwagen Toyota GR010 Hybrid ihre Reise zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans bereits vor uns profan per Lkw antraten, nehmen wir die Verfolgung auf – im wohl exklusivsten Begleitfahrzeug, das man sich wünschen kann: der Nummer eins von nur 100 gebauten Toyota GR Supra GT4 100th Edition Tribute.
Unser Arbeitsgerät für die nächsten 700 Kilometer leuchtet in „Plasma Orange“ und ist eine Hommage an den GT4-Rennwagen. Unter der langen Haube erwacht der bekannte Dreiliter-Turbo mit 340 PS per Knopfdruck zum Leben. Doch das wahre Highlight für Puristen kommt jetzt: den Schaltknauf des manuellen Sechsgang-Getriebes drücken wir nach vorn, in den ersten Gang. Kupplung kommen lassen, und der Sechsender faucht heiser auf. Vorbei geht es am Tor des High-Tech-Motorsportstandorts, im Hintergrund erhaschen wir einen Blick auf das dominante Gebäude des eigenen Windkanals. Le Mans, wir kommen!
Aus dem Gewerbegebiet an der westlichen Stadtgrenze der Rheinmetropole geht es direkt auf die A4. Bei Aachen lassen wir Deutschland und die Autobahn hinter uns, tauchen ein in das Kurvengeschlängel der belgischen Ardennen. Auf diesen Landstraßen, der Heimat der legendären Rennstrecke von Spa-Francorchamps, fühlt sich der japanische Sportwagen pudelwohl. Das manuelle Getriebe wird zum Taktstock, der Motor zum Orchester. Jedes Runterschalten ein Genuss, jede Kurve eine Einladung. Denn ein automatischer Stoß Zwischengas stabilisiert nicht nur die Hinterachse, sondern ist ein fauchender Wohlklang für die Ohren.
Unser erster Stopp liegt jedoch hinter der französischen Grenze, in der Champagne. Hier wartet ein magischer Ort: die historische Rennstrecke von Reims-Gueux. Von 1926 bis 1966 dröhnten hier die Motoren. Übrig geblieben ist die gespenstische Kulisse der ehemaligen Start-Ziel-Geraden mit patinierten Boxengebäuden und Tribünen. Ein „Lost Place“ voller Renngeschichte, an dem heute nur noch der Verkehr einer öffentlichen Straße vorbeifährt.
Wir parken unsere leuchtend orange Supra vor dem verwitterten Beton, auf dem die historischen Logos einstiger Sponsoren wie Reifenhersteller und Schmierstofflieferanten von einem lokalen Automobilclub leidenschaftlich gepflegt werden. Moderne trifft auf Morbidität. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Die Szene ist so stark, dass zwei französische Motorradfahrer anhalten. Sie umrunden die Supra, zücken ihre Handys. „Magnifique!“, ruft einer und streckt den Daumen hoch.
Am nächsten Morgen geht es auf die finale Etappe. Französische Autobahn. Tempo 130. Gähnende Langeweile für einen Sportwagen? Nicht ganz. Jetzt schlägt die Stunde der Effizienz – auch das ist auch ein Le-Mans-Thema. Dank des bulligen Drehmoments von 500 Newtonmetern, das von 1600 bis 4500 Touren anliegt, lässt sich der Zweisitzer schaltfaul und entspannt ab 70 km/h im sechsten Gang bewegen. Das Resultat an der Zapfsäule verblüfft: gerade einmal 8,3 Liter Super pro 100 Kilometer.
Selbst der unvermeidliche Stau auf der Périphérique um Paris kann unsere Laune nicht trüben. Aus dem Kombi vor uns winken zwei Kinder von der Rückbank begeistert – die Supra ist eben auch im Stillstand unübersehbar.
Nach etwas mehr als 700 Kilometern ist es geschafft. Wir überqueren die Sarthe über eine der zahlreichen Brücken und rollen ins Epizentrum des Langstreckensports. Die beiden Rennwagen sind nun auch auf eigener Achse unterwegs, kämpfen mit 680 PS um vordere Startpositionen. Aber wir hatten definitiv die schönere Anfahrt. Le Mans, Toyota ist vollzählig. Der Rennmarathon kann beginnen.
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