Sebastian Vettels Strafe in Kanada sorgt weiter für Diskussionen: Erster Revisions-Termin steht. Und: Helmut Marko und Mika Häkkinen schlagen sich offiziell auf Vettels Seite
Am Donnerstag hat die FIA in Le Castellet am Rande des Großen Preises von Frankreich ein entsprechendes Dokument veröffentlicht.
Demnach werden „Ferrari-Teamrepräsentanten“ am Freitag, den 21. Juni, um 14.15 Uhr in den Raum der Rennkommissare gebeten, um erneut angehört zu werden. Ferrari schickt dafür den sportlichen Direktor Laurent Mekies. Der arbeitete zuvor bei der FIA und gilt als absoluter Regel-Experte.Die Stewards aus Kanada, Gerd Ennser, Emanuele Pirro und Mathieu Remmerie, werden persönlich anwesend sein. Ein Rennkommissar ist nur virtuell dabei: Mike Kaerne aus Kanada verzichtet auf die Reise nach Europa und ist per Videokonferenz zugeschaltet.
Das Quartett hatte beim Kanada-Grand-Prix auf eine Zeitstrafe gegen Sebastian Vettelentschieden, womit Vettel den Rennsieg verlor und nur Zweiter wurde. Allein: Die Anhörung am Freitag ist noch nicht die Revision an sich, sondern ein Zwischenschritt. Die Stewards müssen dann beraten, ob der Fall neu aufgenommen wird.
Ferrari hat übrigens bereits eine Revisionen verloren. Nach dem GP Mexiko 2016 forderte man schon einmal die Neubetrachtung einer Vettel-Strafe. Damals ging es um zehn Strafsekunden nach einem Duell mit Daniel Ricciardo. Ferraris Argument damals: Vettel hätte sich gar nicht erst so hart verteidigen müssen, wenn wenn die Stewards Max Verstappen im Duell zuvor schneller bestraft hätten. Eine hypothetische Argumentation, die nicht zog.
Die Diskussion um Sebastian Vettels Strafe beim Großen Preis von Kanada ebbt indes nicht ab. Jetzt hat Red Bull-Sportchef Helmut Marko nachgelegt. „So ein Schwachsinn“, sagt der Österreicher auf Servus TV.
Dann holt der gelernte Jurist als verteidige er Vettel gerade vor Gericht einen Zettel aus seiner Hosentasche, setzt die Lesebrille auf und erklärt:
„Die Telemetrieaufzeichnung von der Vettel-Runde. Nur zur Information: Er kommt mit 224 km/h zu Kurve 3. Muss runterbremsen auf circa 130. Und dann kommt er aufs Gras. Man braucht ja nur auf seinen Helm schauen. Der ist vollauf beschäftigt, dass er das Auto wieder unter Kontrolle kriegt. Und erst, als er wieder auf den Asphalt kommt, sieht man, dass er in den Rückspiegel schaut. Hamilton hatte alle Zeit der Welt. Er hätte bremsen können, er hätte sich nach links bewegen können. Hat er alles nicht gemacht.“
Die Theorie, wonach Vettel Hamilton absichtlich nach außen abgedrängt hat, kann der ehemalige Formel-1-Pilot Marko nicht nachvollziehen:
„Das muss man mir erzählen, wie man mit 120 km/h im Gras das Auto taktisch so hin und her bewegt. Da kann man nichts überlegen. Vettel hat bei dieser Aktion über zweieinhalb Sekunden verloren. Dass man ihn bestraft, ist für mich nicht nachvollziehbar.“
Ähnlich sieht es Mika Häkkinen, einst im McLaren größter Gegner von Michael Schumacher:
„Ich hätte genau das Gleiche gemacht“, gibt Häkkinen in seiner Kolumne auf Unibet zu – „so wie jeder Rennfahrer. Das ist vollkommen normal, und das erwarten die Gegner auch.“
Häkkinen glaubt zudem, dass der Wortlaut der aktuellen Regeln kaum Platz für Interpretationen lässt – und dass das früher im Duell gegen Schumacher anders war:
„Wir hatten mehr Freiheiten“, sagt er. „Wenn wir unter den heutigen Regeln gefahren wären, hätte es viele Fünf-Sekunden-Strafen gegeben – oder schlimmer.“
Der Ex-Weltmeister wünscht sich deshalb ein Gremium aus drei konstanten Rennkommissaren und einem Fahrerkommissar. Doch auch die Paragraphen im sportlichen Regelwerk müssten gelockert werden. Häkkinen:
„Fahrer, Teams, die FIA und die Formel 1 selbst müssen herausfinden, wie man die Piloten wieder fahren lässt. Sie müssen einsehen, dass man manchmal realistisch sein muss und an die Reputation des Sportes denken muss. Keiner war am Sonntag glücklich. Die Strafe hat einen Kampf um die Spitze beendet und alle bestraft, die die Formel 1 schauen.“
*This article was first published in German at autobild.de/motorsport.