Der Deutsche lässt sich kein klares Statement entlocken, ob er weitermachen will
Zuerst wollte Sebastian Vettel (34) über seinen größten Kumpel unter den Fahrerkollegen reden: Kimi Räikkönen (41), der seinen Rücktritt aus der Formel 1 offiziell gemacht hat. „Er hat so unglaubliches Talent“, schwärmt der Deutsche. „Als Teamkollege konnte ich es hautnah miterleben: Er war immer schnell: mit verschiedenen Autos, unter verschiedenen Bedingungen. Ich habe es genossen, so lange mit ihm zu fahren. Ich wünsche ihm nur das Beste.“
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Was er am meisten vermissen wird: „ Die Stille“, grinst der Aston Martin-Star. Eine Anspielung auf den großen Schweiger, der immer nur das Nötigste von sich gab. Auch bei den Konversationen mit den jeweiligen Renningenieuren.
Was Räikkönen und Vettel gemein haben? Beide lassen sich nicht gerne in die Karten schauen. Es ist deshalb logisch, dass der viermalige Weltmeister und zweiterfolgreichste deutsche Formel-1-Pilot aller Zeiten der Frage über die eigene Zukunft ausweicht. Ob Räikkönens Rücktritt ihn auch dazu bewegen könnte, den Helm an den Nagel zu hängen und 2022 gemeinsam in Urlaub zu fahren? Vettel: „Ich weiß nicht, warum er aufhört, ich habe mit Kimi noch nicht gesprochen. Ich bin happy für ihn, aber er befindet sich auch an einem späteren Punkt in seiner Karriere als ich.“
Auch auf die konkrete Sky-Nachfrage, ob er nächstes Jahr noch dabei ist, zögert Vettel und grinst: „Ja, ich denke schon. Ich verfolge den Fahrermarkt jetzt nicht so sehr. Was meine Position angeht, ist soweit alles klar.“ Nachfrage: Sie haben Vertrag für nächstes Jahr? „Ich denke ja.“ Sie denken? Vettel grinst erneut: „Ich weiß es, ja.“ Er könnte also, aber will er auch?
Fest steht: Ein klares Bekenntnis zu seiner Zukunft in der Königsklasse lässt sich der Hesse nicht entlocken. Das verwundert, könnte aber einen einfachen Grund haben: Es ist nicht sicher, wie viel Freude der Heppenheimer noch an der Königsklasse hat. In den letzten Wochen zumindest entpuppte er sich immer mehr als ihr größter Kritiker.
An jedem Rennwochenende tritt der Deutsche für den ultimativen Umweltschutz ein. In Spa kritisierte er Fia-Rennleiter Michael Masi gleich doppelt: erst für den zu späten Abbruch im Qualifying, später für die zwei Mindestrunden im Rennen. In Budapest weigerte sich der Hesse während der Nationalhymne trotz Aufforderung durch F1-Boss Stefano Domenicali persönlich, sein Regenbogen-Shirt auszuziehen, mit dem er gegen die politischen Verhältnisse in Ungarn protestierte.
Dazu kommt: Obwohl die Vertragsverlängerung mit Aston Martin angeblich nur Formsache ist – offiziell vermeldet werden konnte die weitere Zusammenarbeit mit Vettel noch nicht. Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher (46) zu F1-Insider.com: „Für Sebastian stellt sich die Sinnfrage. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo die Freude Rennen zu fahren, nicht mehr groß genug ist: dann nämlich, wenn der Aufwand, den du betreiben musst, größer ist als das positive Gefühl, die schnellsten Autos der Welt im am Limit zu bewegen. Bei mir war das der Grund meines Rücktritts. Ob das bei Sebastian auch schon so ist? Das kann nur er beantworten.“
Auch in Zandvoort kritisierte Vettel wieder die Macher der Königsklasse. Es kann ihnen nicht gefallen, wenn er über ihre Zandvoort-Trophäe aus recyceltem Material sagt: „Dass sich die Formel 1 mit der Umwelt beschäftigt, ist gut. Aber ist es genug? Vielleicht nicht. Man muss noch mehr tun. Die Trophäe am Sonntag ist der erste Schritt, nicht mehr.“
Vettel konkretisiert: „Wir haben faszinierende Technik im Auto, aber die ist für die Serie leider nicht umzusetzen. Das ist nicht gut. Die Formel 1 muss in Zukunft umweltfreundliche Autos bauen, die auch für die Entwicklung von Straßenautos wegweisend sein müssen. Nur so geht es.“
Und: „Der Kalender so gestaltet werden, dass man keine unnötigen Flüge mehr machen muss. Es gibt also noch eine Menge zu tun.“
Es sieht so aus, als ob der Deutsche viel von seinem weiteren Engagement in der Formel 1 davon abhängig macht, wie er er seinen Job als Teil einer kommerziellen Rennserie mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Ein Rücktritt würde Vettel-Insider jedenfalls nicht überraschen.
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