24h Le Mans: Peugeot fährt mit dem Schweizer Ex-DTM-Star Nico Müller und einem komplett neuen Auto.
Die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC hat sich zu einer der attraktivsten Rennsport-Serien gemausert. Am Wochenende stehen die 24 Stunden von Le Mans auf dem Programm. In der Top-Kategorie der Hypercars mit Hybridantrieb treffen neun Hersteller aufeinander, darunter traditionsreiche Marken wie Porsche, Ferrari und Toyota. Für Peugeot tritt der Schweizer Nico Müller an. F1-Insider.com sprach mit dem 32-Jährigen aus Thun.
Nico Müller, die WEC befindet sich im Aufschwung. Wie hoch ist der Stellenwert der Langstrecken-WM im Vergleich zu anderen Serien?
Die Langstrecken-Weltmeisterschaft hat einen sehr hohen und vor allem wachsenden Stellenwert. Natürlich sind die 24 Stunden von Le Mans das Highlight der Saison. Dort gibt es aufgrund der Renndauer auch die meisten Punkte. Das Rennen hat eindeutig die größte Aufmerksamkeit, es ist mit das größte Autorennen der Welt. Und um den Langstrecken-Klassiker herum ist die WEC aufgebaut. Allein wenn man sieht, wieviel Hersteller aktuell um Siege fahren, erkennt man, wie hoch der Stellenwert ist.
Insgesamt sind 14 Hersteller mit Werksprogrammen engagiert. Wie wichtig sind sie für die Serie?
Die aktuelle Entwicklung der Serie verläuft sehr steil nach oben. Man darf durchaus behaupten: Wir befinden uns in einer goldenen Ära des Prototypen-Langstreckensports. Mit Porsche, Ferrari, Peugeot, Toyota, Cadillac, Lamborghini, Alpine und so weiter plus noch die weiteren Hersteller in der kleineren LMGT3-Kategorie ist eine wirklich starke Entwicklung zu erkennen. Diese wird von den Fans wahrgenommen und sie wird auch noch weiter so anhalten, um den Zuschauern eine tolle Show zu bieten.
Und was bedeutet die WEC für den Fan an der Strecke?
Den Zuschauern wird einfach Motorsport auf höchstem Niveau geboten. Das bezieht sich auf Hersteller und Teams ebenso wie auf die Fahrer. Und das ist auch genau das Level, auf dem wir uns messen wollen.
Peugeot hat das Konzept seines 9X8 komplett überarbeitet und dem Auto nun einen Heckflügel verpasst. Wo liegen die größten Unterschiede zwischen dem 2023er- und dem 2024er-Modell?
Das größte Augenmerk lag darauf, die Traktion zu verbessern. Mit nur 31-Zoll breiten Hinterreifen war dies schon ein Schwachpunkt. Das Konzept wurde radikal umgestellt, es hat sich vieles geändert. Wenn man von 31/31 auf 29/34 Zoll großen Rädern umstellt, muss man sehr vieles anpassen, damit die Aerobalance stimmt, wie auch die Gewichtsverteilung und so weiter. Hinter dem Lenkrad spürt man vor allem die Traktion. Ich bin schon beim Debüt des neuen Autos in Imola positiv überrascht gewesen.
Wann ist der neue 9X8 so weit, dass er um Siege kämpfen kann?
Ich hoffe in Le Mans. Als Rennfahrer will man immer gewinnen. Und jetzt mit der französischen Marke Peugeot besonders in Le Mans. Dort gilt gerade bei der Zuverlässigkeit, optimal sortiert zu sein. Denn das ist ja das A und O: Bevor man gewinnt, muss man erstmal ins Ziel fahren. Darauf liegt der Fokus.
Als der Peugeot 9X8 Mitte 2022 debütiert hatte, wurde das Auto mit vielen Vorschlusslorbeeren bedacht. Wann ist man bei Peugeot zu dem Schluss gekommen, dass das Auto in dieser Form ohne Heckflügel und vier gleich großen Rädern nicht funktioniert?
Halt! Das kann man so nicht sagen, dass es nicht funktioniert hat. Es hatte nur nicht das Potenzial die Konkurrenz zu schlagen. Man muss ausdrücklich nochmals darauf hinweisen, dass – als man sich entschlossen hatte nach jenem Konzept das Auto zu bauen – die Voraussetzungen des Reglements noch anders ausgelegt waren. Erst als weitere Hersteller ihre Teilnahme an der Langstrecken-WM zusagten, hat man das Reglement für sie geöffnet. Und darauf öffnete sich unser neues Konzept für breitere Hinterräder und eine andere Aerodynamik mit Heckflügel. Und viel weniger Allradantrieb, als ursprünglich mal gedacht war.
Wie wichtig ist der Hybridantrieb für das technische Gesamtkonzept der Serie?
Hybrid ist ein wichtiger Bestandteil in der Hypercar-Klasse. Die Leistung ist aufgeteilt zwischen einem Verbrenner-Motor vor der Hinterachse und einem Elektromotor, der die Vorderachse in einer gewissen Phase antreibt, was dann für Allradantrieb sorgt. Entsprechend wird die Energie beim Bremsen zurückgewonnen. Über die Distanz gesehen macht das die Autos noch effizienter. Und das ist gerade im Langstreckensport besonders wichtig. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist das kein spürbarer Allradantrieb, was wir da fahren: Bei Tempo 190 wird die MGU/H aktiviert, aber das merkt man so gut wie gar nicht. Da war die Idee dazu einst eine andere. Darum hatte man sich ja damals entschieden, vorne und hinten die gleichen Reifengröße zu fahren. Als diese Vorteile weggefallen waren, hatte sich Peugeot überlegen müssen: Was nun? Also hat man das technische Konzept soweit angepasst, um Toyota und Ferrari schlagen zu können. Schließlich sind diese beiden bei den Hypercars die Messlatte.
Gegen Ihre Peugeot-Teamkollegen Jean-Eric Vergne und Stoffel Vandoorne treten Sie auch in der Formel E an. Wie geht man da im Zweikampf miteinander um?
Lackaustausch ist in der harten Formel E bisweilen unvermeidlich. Aber solange alles fair bleibt, ist das okay. Unsere Stimmung bei Peugeot ist sehr gut. Zumal wir hier exzellente Leute haben, die ein wirklich gutes Team bilden, vom Mechaniker bis zum Teamchef.
Autor: G. Coltello/B. Garloff
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