Mick Schumacher spielt seine Rolle perfekt. Aber lässt er die Fans auch wirklich in seine Seele blicken? Eine Kolumne von Ralf Bach
Es ist kalt in Imola. 13 Grad, ein eisiger Wind kommt von Norden, die Erkältungsgefahr ist da. Mick Schumacher (22) sitzt deshalb mit dicker Jacke im Raum, hat sich die Mütze tief ins Gesicht gezogen. Das raue Klima kommt ihm gerade recht. Denn der Sohn des Noch-Rekordweltmeisters hat eins gelernt in seinem bisher noch kurzen Rennfahrerleben: Sei nett, lächle immer und gebe keinen Spalt deiner Seele preis.
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Man muss ihn verstehen: Ecken und Kanten würden ihm aufgrund seiner Vita nicht zustehen. Die würden ihm schnell als Arroganz ausgelegt werden. Als Luxusgehabe des Nachkömmlings eines superreichen Vaters, der zudem noch eine Legende in dem Sport ist, dem jetzt auch der Filius folgt. Also spielt Mick Schumacher weiter brav die Rolle, die jede Mutter einer jungen Tochter mögen wird.
Schumacher junior, blond, gut aussehend, mit extrem guter Kinderstube und entsprechenden Manieren und, das auch noch, eine selten gute Partie – Mick Schumacher ist genau der, den die Mütter gerne zum ersten Date mit ihrer Tochter losschicken würden. Blumenstrauß für die Mutter zur Begrüßung inklusive. Sie hätten keine Angst, dass die Tochter vom ersten ernsthaften Date mit zerrupfter Seele und zerrupften Kleidern nach Hause kommen würde.
Allein: Mick Schumacher spielt die einzige Rolle, die ihm das Drehbuch seines Lebens geschrieben hat, perfekt. Brav beantwortet er alle Fragen. Immer mit einem Lächeln und dem Gefühl, dass alle willkommen sind. Was hat er gelernt vom ersten Rennen? „Dass ich in Zukunft gerade beim Start sanfter fahren werde.“ Der Dreher in der ersten Runde nach dem Safety-Car in Bahrain wurmt ihn immer noch. Aber man müsse nach vorne schauen, daraus lernen. Schumacher: „In keinem Test konnten wir den Abtriebsverlust simulieren, den man hat, wenn 18 Autos vor einem in die erste Kurve fahren.“
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Überhaupt: Das ganze erste Jahr mit dem Haas-Team, das im Moment das schwächste aller zehn Mannschaften ist, die sich in der automobilen Königsklasse eingeschrieben haben, sei ein Lernjahr. Er wirkt geduldig und lässt nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen, dass er ob der augenscheinlichen Konkurrenzlosigkeit irgendwann demotiviert sein könnte. „Wir wollen jedes Wochenende besser werden und näher ran kommen. Vielleicht können wir in Regenrennen mal ein Highlight setzen und irgendwann Williams überholen. Darum geht es im Moment.“
Auffällig ist bei dem jungen Mann, dass er immer wieder ins Englische wechselt, wenn er genauer formulieren will. Das war bei seinem Vater genauso. Als diene die Fremdsprache als zusätzlicher Schutz, nicht zu viel von seinem wahren Wesen preiszugeben. Wie sein Vater will Mick auch die Familie um sich haben. In Imola, wo Papa Michael sieben Mal gewann, sind sein Hund und seine Mutter dabei. Aber auch hier blockt er von Anfang an den zu tiefen Blick in seine Seele ab. „Sie helfen am Abend, nicht aber an der Rennstrecke.“
Bezeichnend auch: Mick Schumacher akzeptiert den Zeitgeist und ist deshalb auch auf den sozialen Medien präsent. Kürzlich postete er einen Ausflug in die Berge und ein Bild mit seinem Hund auf dem Arm in einem See. Trotzdem lässt auch hier seine Gefühle außen vor. Das Wandern haben vor allem dem Training gedient. Und das erste Bad im kühlen Nass haben „wir beide gut überstanden“, sagt er mit dem gleichen undurchschaubaren Lächeln, mit dem er vorher die Fachfragen beantwortet hat. Ob er das Posten oder die Fragen wirklich mag, kann niemand sagen.
Fest steht: Ob er je in die Fußstapfen seines Vaters treten kann, die schon zu groß erschienen, seit er das erste Mal unter dem Mädchenname seiner Mutter im Kart zu Rennen antrat, kann niemand sagen. Und das ist positiv genug. Mick Schumacher gewann jeweils in seinem zweiten Jahr die Formel-3-Meisterschaft und das Championat in der Formel 2, die als Sprungbrett für die Königsklasse gilt. Soll heißen: Auch mit dem Nachnamen Müller hätte er sich für die Formel 1 empfohlen. Es liegt jetzt an uns, ihm Zeit zu geben und Geduld zu haben. Nicht an ihm. Er jetzt erstmal die Chance nutzen, die er mit dem Haas-Team eigentlich gar nicht hat.
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