Vier Tage nach dem DTM-Finale am Norisring meldet sich Boss Gerhard Berger zu Wort und kritisiert die Vorgänge rund um Mercedes und Audi.
Hochspannung bis zum Finale, drei Piloten unterschiedlicher Marken, die noch Meister werden konnten, tausende Fans auf den traditionsreichen Tribünen am Norisring. Das Feld für ein würdiges Saisonfinale der DTM war bereitet. Doch das DTM-Wochenende am Norisring endete mit einem Shitstorm. Weil Audi-Pilot Kelvin van der Linde Tabellenführer Liam Lawson brutal abräumte. Und weil Max Götz dank einer Mercedes-Stallorder Meister wurde.
DTM-Boss Gerhard Berger (62) hatte am Sonntag in Nürnberg noch sein Verständnis für die Aktion eingeräumt. Mittlerweile sieht er das anders. In BILD nimmt der Österreicher nun Stellung.
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„Ganz ehrlich: Ich habe ich die letzten Nächte richtig schlecht geschlafen“, sagt er. „Ich bin seit 40 Jahren Motorsportler durch und durch und mit solchen künstlichen Verschiebungen kommt mein Sportlerherz nicht zurecht. Wenn ein Fahrer aus eigener Initiative eine Entscheidung im Sinne des Teams trifft, dann ist das in Ordnung. Das ist aber auch die Grenze. Absolut inakzeptabel ist, wenn Teams oder Fahrer den Auftrag bekommen, ihre Position aufzugeben, um den Vorteil woanders hinzuverlagern.“
Dass Stallorder auch in der Formel 1 praktiziert wurde und wird, ist für Berger kein Argument, um die Vorgänge vom Norisring zu verteidigen.
Der DTM-Boss: „Gerade in der Formel 1 gibt es viele Beispiele, die sportlich aus Sicht der Fans und der anderen Teams nicht akzeptabel sind. Ich erinnere nur daran, mit welcher Welle der Empörung Ferrari von den Fans konfrontiert wurde als Rubens Barrichello seiner Zeit den Sieg für Michael Schumacher aufgegeben hat. In unserem Fall sprechen wir aber von einer teamübergreifenden Anordnung. Das ist noch einmal eine ganz andere Qualität, die ich weder sportlich noch persönlich auf unserer Plattform akzeptieren kann. Das heißt: Das Thema ist nicht vom Tisch und ich werde mich persönlich für eine künftige Lösung einsetzen.“
Gut möglich, dass eine Stallorder per Reglement in Zukunft verboten wird. Für die Kritik von AF Corse-Ferrari, die nach dem Finale von einer „Schande für die DTM“ sprachen, hat Berger jedenfalls Verständnis.
„AF Corse hat die Teammeisterschaft verdient gewonnen, genauso wie Mercedes den Herstellertitel. Wenn einem aber im letzten Rennen auf diese Art und Weise die Titelchancen genommen werden, kann man sicher verstehen, dass sich die Freude bei Ferrari in Grenzen hält. Das Team bzw. die beiden Fahrer Lawson und Cassidy hätten verschiedene Möglichkeiten gehabt, den Rennverlauf nach diesem Manöver noch zu beeinflussen, zum Beispiel auch mit der Provokation eines SafetyCar-Einsatzes. Das ist nicht passiert. Daher muss ich an dieser Stelle den Hut vor Ferrari und AF Corse ziehen: Sie haben gezeigt, was sportliche Fairness ausmacht.“
Kein Verständnis hat der ehemalige Formel-1-Star dagegen für Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde und dessen Rammstoß gegen Liam Lawson.
„Kelvin van der Linde ist meiner Meinung nach weit übers Ziel hinausgeschossen“, sagt Berger. „Sein Verhalten in Turn 1 war nicht akzeptabel – weder sportlich noch sicherheitstechnisch. Die harten Manöver gegen Götz kann man vielleicht noch unter hartem Racing verbuchen. Aber die Tatsache, dass er den Meisterschaftsführenden in der ersten Kurve aus dem Rennen genommen hat, können wir als Plattform nicht unterstützen, ist aber letztendlich eine Sache der Sportbehörde.“
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Fest steht: Berger versteht den Shitstorm der Fans. Besonders ärgerlich ist der auch deshalb, weil der Österreicher so hart um das Überleben der Serie gekämpft hat.
Berger: „Beide Themen, die Mercedes-Stallorder und das Manöver von van der Linde, haben nicht nur Diskussionen ausgelöst, sondern der DTM einen Schaden zugefügt. Das tut mir wahnsinnig leid für alle Beteiligten, die zur Attraktivität der DTM in dieser Saison beigetragen haben und die alles dafür getan haben, dass die DTM für hartes, faires Racing bis zum letzten Rennen steht, bei dem der Beste gewinnt. Das ist uns im Finale leider nicht gelungen und schießt uns in der Gunst der Fans weit zurück.“
Allein: Götz ist für ihn trotzdem ein würdiger Champion.
„Maximilian hat über die gesamte Saison eine konstante, gute Leistung gezeigt – insofern freue ich mich für ihn“, sagt der Tiroler. „Dass der Meistertitel aus anderen Gründen einen etwas faden Beigeschmack hat, dafür kann Maximilian nichts.“
Gewinner der Herzen bleibt laut Berger aber Ferraris Red Bull-Junior Liam Lawson.
„Ich persönlich sehe Lawson nicht als Verlierer, da er nicht verloren hat, sondern aus dem letzten Rennen genommen wurde. Er hat sich sportlich fair verhalten und ist für mich der moralische Sieger.“
Ehrliche Worte, mit denen Berger die DTM-Fans versöhnen will.
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Das ist F1-Insider.com
1. Maximilian Götz (Uffenheim) – Mercedes 230 Pkt.
2. Liam Lawson (Neuseeland) – Ferrari 227
3. Kelvin van der Linde (Südafrika) – Audi 208
4. Marco Wittmann (Fürth) – BMW 171
5. Lucas Auer (Österreich) – Mercedes 152
6. Alexander Albon (Thailand) – Ferrari 130
7. Philip Ellis (Großbritannien) – Mercedes 129
8. Mike Rockenfeller (Landschlacht/Schweiz) – Audi 89
9. Daniel Juncadella (Spanien) – Mercedes 77
10. Nico Müller (Schweiz) – Audi 56
1. Mercedes 559 Pkt.
2. Ferrari 368
3. Audi 259
4. BMW 229
5. Lamborghini 48