Sebastian Vettel startet als Neunter in sein letztes Formel-1-Rennen: Von den Fahrerkollegen gibt es in Abu Dhabi viele Gesten und Erinnerungen.
In seinem letzten Formel-1-Qualifying lässt Sebastian Vettel nochmal seine ganze Klasse aufblitzen: Der Aston-Martin-Star schafft am Samstag in Abu Dhabi den Sprung ins Top-10-Shootout, erobert dort den neunten Startplatz für seinen Abschieds-Grand-Prix.
„Insgesamt war es sehr gut heute und hat viel Spaß gemacht“, freut sich Vettel. „Das Auto kam wirklich gut zusammen im zweiten Qualifying und wir haben es dann sogar ins dritte Geschafft, was für uns ein Highlight ist dieses Jahr.“ Der Q3-Einzug gelingt Vettel am Samstag tatsächlich erst zum fünften Mal in der Saison 2022. „Mit dem neunen Platz haben wir da dann auch noch ein Auto schlagen können. Ich weiß, das klingt nicht nach viel, aber für uns ist das viel, denn jetzt stehen wir morgen in einer guten Position, um um Punkte zu kämpfen“, so Vettel.
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Sportlich ist die Saison für ihn und sein Team nämlich alles andere als beendet: „Wir haben noch ein Ziel vor Augen, versuchen die Alfa Romeos zu schlagen und so viele Punkte wie möglich zu holen, um vielleicht doch noch Sechster bei den Konstrukteuren zu werden“, sagt der Deutsche und erklärt: „Deswegen bin ich froh, dass es heute so gut gelaufen ist und konnte es auch sehr genießen.“
Dabei bleibt Vettel beim Abschied zumindest im Cockpit kaum Zeit für große Sentimentalitäten: „Wenn man im Auto sitzt, übernehmen natürlich ein bisschen die Automatismen, da bin ich dann quasi in der Zone. Aber jetzt fühlt es sich schon bisschen anders an und auch vorm Qualifying war es doch ein anderes Gefühl. Da war es schon etwas emotional und ich bin mir sicher, es wird auch morgen ein großer Tag in dieser Hinsicht“, gibt der Heppenheimer mit Blick auf die historische Bedeutung seines letzten Auftritts in der Königsklasse zu.
Außerhalb des Autos steht das Wochenende schließlich ganz im Zeichen der emotionalen Abschiedstournee des zweiterfolgreichsten deutschen F1-Fahrers der Geschichte, jagt für Vettel in Abu Dhabi doch ein Termin den nächsten: Los ging es bereits am Mittwochabend bei einem privaten Event mit seinem Aston-Martin-Team.
Noch kleiner und illustrer wurde der Kreis aber am Donnerstag: Da trommelten sich, auf Initiative von Lewis Hamilton hin, ausnahmslos alle 20 Fahrer für ein Abendessen mit Vettel zusammen, um ihrem Kollegen die letzte Ehre vor der Rente zu erweisen.
Ein Schnappschuss von der Zusammenkunft, den Ex-F1-Pilot Alex Wurz, seines Zeichens Vorsteher der Fahrervereinigung GPDA, in den Sozialen Medien teilte, ging danach viral – und veranlasste den Österreicher dazu, tags darauf gleich nachzulegen: „Wir können offenbar nicht genug voneinander bekommen“, schrieb Wurz unter ein Foto vom Saisonabschluss-Meeting der GPDA am Freitag.
Das Besondere: Alle 20 aktuellen F1-Fahrer huldigen Vettel darauf mit seinem berühmten Vettel-Finger, der legendären Jubelgeste des Heppenheimers, und haben dabei offensichtlich viel Spaß. Obwohl laut Wurz in dem Meeting auch die nächstes Jahr ohne Cockpit dastehenden Mick Schumacher, Daniel Ricciardo und Nicholas Latifi verabschiedet wurden, stand natürlich Vierfach-Champion Vettel im Mittelpunkt, der der Königsklasse als ehemaliger GPDA-Direktor nach 16 Jahren Lebewohl sagt.
Allein: Einer will nicht so recht glauben, dass es das wirklich schon war mit der Karriere des Aston-Martin-Stars. Lewis Hamilton meldet in Abu Dhabi jedenfalls seine Zweifel daran an, dass die Fans Vettel nie wieder im F1-Auto zu sehen bekommen: „Du kommst doch wahrscheinlich zurück“, sagt er an Vettel gerichtet: „Das haben wir ja auch schon bei anderen Fahrern gesehen. Also ich akzeptiere es und denke mir schon irgendwie ‚Ja, es ist sein letztes Rennen.‘ Aber im gleichen Augenblick denke ich mir auch: ‚Der kommt sicher zurück.'“, grinst Hamilton in der Pressekonferenz.
Vettels Konter darauf lässt jedoch nicht lange auf sich warten: „Lass uns später draußen reden, aber möglicherweise können wir da einen Deal machen: Wenn du vielleicht aufhörst, dann komme ich zurück und wir tauschen sozusagen“, spielt der Deutsche unter dem Gelächter der anwesenden Journalisten darauf an, dass ein konkurrenzfähiges Auto wie Hamiltons Mercedes in Zukunft tatsächlich Anreiz für eine Rückkehr sein könnte.
Dass viele Fahrerkollegen Vettel vermissen werden, daraus machen die Wenigsten ein Geheimnis: „Er hat so viel erreicht in diesem Sport, aber als Person war er noch unglaublicher“, gibt beispielsweise Ferrari-Star Charles Leclerc eine Anekdote zum Besten: „Ich erinnere mich, dass ich in der Formel 2 war und das Simulationsprogramm für Ferrari gemacht habe, was anstrengende und eher ermüdende Arbeit ist. Ich dachte, Seb weiß nicht mal, dass ich der Typ im Simulator bin. Dann hat er mir jedoch aus heiterem Himmel einen Brief geschrieben, um sich für die harte Arbeit zu bedanken. Das hat mir viel bedeutet.“
Später wurden Vettel und Leclerc dann Teamkollegen bei Ferrari, ihre gute Beziehung litt trotz aller sportlichen Rivalität aber nicht darunter, wie der Monegasse verrät: „Natürlich gibt es dann innerhalb des Teams einen anderen Wettbewerb, aber er war trotzdem immer super unterstützend und hat mir versucht zu helfen, wann immer ich eine schwierigere Zeit hatte.“
Eine Erfahrung, die auch Daniel Ricciardo machte, der neben Vettel bei Red Bull fuhr: „Natürlich sind wir alle Wettkämpfer, aber Seb konnte das immer gut trennen und hatte immer ein Auge auf all uns andere Fahrer. Wir sind ihm genauso wichtig wie der Sport, der er so liebt“, sagt der Australier.
Ein Beispiel dafür nennt Max Verstappen: „Eine Sache, an die ich mich mein Leben lang erinnern werde, war letztes Jahr in Silverstone: Ich kam zurück aus dem Krankenhaus (nach seinem Unfall mit Lewis Hamilton; d. Red.) zu meinem Motorhome, um meine ganzen Sachen zu holen und er war da, hat auf mich gewartet und gefragt: ‚Wie geht es dir Max, bist du okay?‘ Das zeigt einfach, wie er ist.“ Verstappen: „Von einer Karriere wie seiner können andere nur träumen. Aber das ist eben nicht alles: Auch als Person war er immer sehr fürsorglich.“
Selbst von Ex-Rivale Fernando Alonso, den Vettel 2010 und 2012 mindestens zwei WM-Titel kostete, gibt es daher anerkennende Worte zum Abschied: „Wir haben viele Saisons gegeneinander um die WM gekämpft. Auch wenn der Ausgang (der Duelle; d. Red.) immer zu seinen Gunsten war, wird das unsere beiden Namen in der Geschichte des Sports immer miteinander verbinden“, sagt der Spanier und trägt in Abu Dhabi deshalb sogar einen speziellen Helm im Vettel-Design – genauso wie auch Mick Schumacher und Lando Norris.
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Vettel jedenfalls freuen die warmen Worte und schönen Gesten in Abu Dhabi: „Ich glaube, der Zusammenhalt ist im Moment sehr gut, was die Fahrer betrifft. Daraus kann hoffentlich in Zukunft noch mehr entstehen“, äußert der Deutsche seinen Wunsch zum Abschied aus der Formel 1.
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Das ist F1-Insider.com
1. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull 1:23,824 Min.
2. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull +0,228 Sek.
3. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +0,268
4. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +0,418
5. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +0,684
6. George Russell (Großbritannien) – Mercedes +0,687
7. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren +0,945
8. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine +1,006
9. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin +1,137
10. Daniel Ricciardo (Australien) – McLaren +1,221
11. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine 1:25,096
12. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri 1:25,219
13. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas 1:25,225
14. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin 1:25,359
15. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo 1:25,408
16. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas 1:25,834
17. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri 1:25,859
18. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo 1:25,892
19. Alexander Albon (Thailand) – Williams 1:26,028
20. Nicholas Latifi (Kanada) – Williams 1:26,054