Marco Wittmann fuhr mit BMW die 24 Stunden von Daytona. Dabei kam er an seine Grenzen.
Ein 24-Stunden-Rennen an sich ist schon eine Herausforderung. Doch die neuen, 680 PS starken LMDh-Prototypen der amerikanischen Sportwagenmeisterschaft und der Langstrecken-WM verlangen dem Menschen im Cockpit alles ab…
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Tatort: Daytona. BMW und Porsche sind am vergangenen Wochenende gegen Acura und Cadillac in die neue Ära des Langstrecken-Motorsports gestartet. Am Steuer des BMW M Hybrid V8 drehte der einzige Deutsche in der Top-Klasse, Marco Wittmann. Resultat: Platz sechs – und die Erkenntnis: Diese neuen Hybrid-Rennwagen sind im Oval von Daytona wahre Monster.
„Es war ein anstrengendes Rennen“, gibt der Franke nach Rennende im Gespräch mit F1-Insider zu. „Ich bin einen Triple-Stint gefahren, der mich zum ersten Mal an meine Grenzen gebracht hat.“
Ein Triple-Stint; das bedeutet 95 Runden und drei Stunden am Steuer. Mit Tempo 320 durch 31 Grad steile Kurven. Ohne Pause. Und nach Schlafentzug.
„Die 24-Stunden-Rennen sind heutzutage ja fast Sprintrennen“, erklärt Wittmann. „Du fährst immer am Limit, kämpfst und musst den Verkehr managen. In den drei Stunden, in denen ich 95 Runden gefahren bin, gab es keine Gelbphase. Ich konnte kein einziges Mal trinken, weil unser System so ausgelegt ist, dass wir nur unter Gelb trinken. Bei Tempo 300 in der Steilkurve greifst du dir nicht mal eben den Trinkschlauch.“
Die Folge: Der BMW-Star stand kurz vorm Kollaps. „Ich bin aus dem Auto ausgestiegen und war kurz vor der Ohnmacht. Ich habe noch den Fahrerwechsel gemacht, springe über die Mauer und dann… uff. Mein ganzer Körper hat gezittert und ich musste mich erstmal hinsetzen und was trinken.“
Für Außenstehende ist das kaum nachvollziehbar. „Aber das ist hier doch nur Daytona, keine Nordschleife“, wirft ein Reporter ein. Wittmann kontert: „Da muss ich widersprechen: Wir fahren hier permanent Tempo 320. Das ist nicht nur mit zwei Fingern am Lenkrad schön gemütlich auf der Gerade. Du fährst teilweise zu dritt durchs Banking, da bist du mental hochkonzentriert. Du fährst zwar ganz oben, aber hast rechts die Mauer und musst den Abstand nach unten einschätzen. Es schaut von außen supereinfach aus, aber das ist es nicht.“
Der Deutsche weiter: „Am Ende ist es ja eigentlich das, was man will. Der Sport soll anstrengend sein, soll uns alles abverlangen. Aber ich mache Motorsport seit 25 Jahren und es war das erste Mal, dass ich an meine Grenzen gekommen bin. Ich habe in dem Stint 2000 Kalorien verbrannt.“
Auch die 24 Stunden am Nürburgring seien mit dem Rennen im Tempo-Tempel von Florida nicht vergleichbar. „GT3 ist nicht so anspruchsvoll“, räumt Wittmann ein. „Du hast nicht die G-Kräfte und die Geschwindigkeiten. Man muss sich nur mal anschauen, was wir hier für einen Catch-Speed zu den GT3-Autos haben. Das ist wie mit einem GT3 auf der Nordschleife im Verhältnis zum Dacia Logan.“
Dabei fiel Wittmann während der Fahrt sein eigener körperlicher Zustand noch gar nicht auf. „Es ist ja das Verrückte, dass der Körper das abkann. Der ist so voller Adrenalin, dass du das beim Fahren gar nicht merkst. Ich hab dann nur gesagt: Also einen vierten Stint fahr ich nicht mehr!“
Für die Zukunft will BMW das Trinksystem adaptieren. Wittmann: „Das sind Erfahrungen, die wir jetzt machen. Daytona ist für uns Neuland. Ganz sicher werden wir in Zukunft Trinksysteme fest im Helm installieren. Das sind Kleinigkeiten, die man aber anschauen muss.“
Insgesamt ist Wittmann mit Platz sechs zufrieden. „Wir können wir froh und stolz sein, dass wir ins Ziel gekommen sind. Klar hatten wir nicht die Performance von Acura und Cadillac, aber wir sind mit einem Auto 20 Stunden ohne Probleme durchgefahren. Dann hat uns der Defektteufel heimgesucht.“ Wegen eines Defekts am Bremssystem fiel der BMW von Platz vier auf sechs zurück.
Wittmann: „Man darf nicht vergessen: Wir haben als allerletztes mit den Tests gestartet. Wenn ich schaue, dass die andere deutsche Konkurrenz (Porsche; Rang 14; d. Red.) auch Schwierigkeiten hatte, zeigt das, wie komplex das Thema ist und dass wir noch Hausaufgaben haben.“ Die sollten bis Ende März gelöst sein. Dann geht es weiter bei den 12 Stunden von Sebring.
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