Ex-Formel-1-Chef Bernie Ecclestone hat die Geschehnisse rund um das Formel-1-Finale von Abu Dhabi beobachtet und bewertet den Mercedes-Protest sowie den Titelgewinn durch Max Verstappen.
Herr Ecclestone, was sagen Sie zum dramatischen Ausgang der WM?
Bernie Ecclestone (91): Es ist ein Desaster für die Formel 1. Es zeigt, wo ihre Schwächen liegen. Der Sport leidet darunter, dass es nicht mehr nur um den reinen Wettkampf geht, sondern um das Interesse von wenigen Einzelnen. Es ist ein Witz, wie jeder hören kann, dass Teamchefs wie Toto Wolff während eines Rennens versuchen, Entscheidungen der Rennleitung zu beeinflussen. Und wie man sich bei Red Bull gleichzeitig genötigt sieht, sich gegen diese versuchte Einflussnahme zu verteidigen. Der tolle Sport, den Max Verstappen und Lewis Hamilton da geboten haben, geht deswegen völlig unter. Es ist eine Schande.
Ist Verstappen ein verdienter Weltmeister?
Absolut. Er hat sich mit seinen jungen Jahren gegen Lewis Hamilton durchgesetzt, einen der besten und den erfolgreichsten Piloten aller Zeiten. Und das nicht nur auf der Strecke. Denn Hamiltons Team hat alle Register gezogen, auch medial, um Max zu verunsichern. Da kann man schon fast von Mobbing reden.
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Wie meinen Sie das?
Mercedes hat einen großen Anteil der Presse fest im Griff, das hat man eindeutig gemerkt. Aber Max ließ sich nicht kirre machen und zog einfach sein Ding durch. Alles, was er sagte, war meiner Meinung authentisch und nicht politisch. Dazu kommt: Über das Jahr gesehen hatte Mercedes das schnellere Auto, deshalb gewannen sie auch relativ überlegen den Konstrukteurstitel. Das wertet den Fahrertitel von Max noch mal auf. Denn es zeigt, dass er als Fahrer den Unterschied machen konnte. Und, ganz wichtig: Max hat fair auf der Rennstrecke gewonnen. Weder er noch Lewis hatten Einfluss auf die Entscheidungen der Rennleitung. Keiner von ihnen hat ein Foul begangen. Deshalb darf man Max nicht bestrafen.
Wie hätten Sie, noch im Amt, die kontroverse Saison moderiert, speziell den Abend nach dem letzten Rennen?
So weit wäre es nie gekommen. Ich hätte zum Beispiel nie zugelassen, dass während des Rennens übers Fernsehen die ganzen Funksprüche von den Teamchefs zur Rennleitung zu hören sind. Ich hätte solche Kommunikation während des Wettbewerbs grundsätzlich verboten. Man kann doch nicht einen Rennleiter so unter Druck setzen, und das auch noch öffentlich. Das darf nächstes Jahr nicht mehr passieren. In meiner Zeit hat es auch Streitereien gegeben. Dann habe ich alle Herren zu mir ins Zimmer gebeten und die Sache in einem Gespräch geklärt. Ich hätte sie auch gestern daran erinnert, dass der Sport größer ist als jeder einzelne von ihnen. Ich hätte besonders Toto Wolff klar gemacht, dass Max den Titel am Ende sauber auf der Strecke gewonnen hat. Und dass deshalb das Ergebnis genau so bleiben muss. Abgesehen davon finde ich es schön, dass Michael Schumacher Rekordweltmeister bleibt. Lewis ist ein wunderbarer Fahrer, aber ich wünsche mir, dass er Michael diesen Rekord nicht nehmen kann.
Sie können Mercedes‘ Ankündigung einer Berufung also nicht nachvollziehen?
Nein. Im Gegenteil: Wenn ich Mercedes-Boss wäre, würde ich ihn zurückpfeifen. Mercedes ist die älteste Automarke der Welt mit unglaublicher Tradition. Sie bauen wahrscheinlich die besten Autos der Welt. Das wissen die Menschen. Durch den Protest beziehungsweise eine Berufung erhält der Stern aber Kratzer. Mercedes steht jetzt als schlechter Verlierer da und könnte imagemäßig einen Kollateralschaden erleiden. Noch mal: Die Entscheidungen, die die FIA in diesem Jahr getroffen hat, haben doch meistens Mercedes in die Karten gespielt. Max und Red Bull haben die WM sportlich fair gewonnen und das sollte man einfach mal akzeptieren.
Anderes Thema: Ihre Frau Fabiana gehört zum Team von Mohammed Ben Sulayem, der in dieser Woche zur Wahl als Nachfolger von Fia-Präsident Jean Todt antritt? Heißt das, dass im Erfolgsfall auch Sie wieder Einfluss auf die Formel 1 nehmen können?
Es stimmt, meine Frau gehört zu seinem Team. Und als guter Ehemann stehe ich natürlich ihr und ihren Freunden mit Rat und Tat zur Seite. Schauen wir mal…
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