Das Finale der Elektro-Rennserie Extreme E in Uruguay brachte zwei faustdicke Überraschungen.
Sie traten an als die planmäßigen Siegfavoriten. Doch weder für Nico Rosbergs Mannschaft RXR noch für X44, das Team im Besitz von Lewis Hamilton, lief beim Finale der Extreme E in Uruguay irgendetwas nach Plan. Stattdessen feierten Karla Andersson und Nasser Al-Attiyah aus dem Team ABT CUPRA XE den Sieg, den ersten für das deutsche Team in der Geschichte der Elektro-Rennserie.
Die Rallycross-Expertin aus Schweden und der viermalige Rallye-Dakar-Sieger aus Dakar dominierten das Zeittraining auf dem nur drei Kilometer langen, auf einer Viehweide künstlich angelegten Rundkurs. Sie waren auch in ihrem Qualifikationsrennen Schnellste, verloren den Sieg allerdings aufgrund einer Zeitstrafe. Im Halbfinale fuhren Andersson und Al-Attiyah taktisch clever auf den zweiten Rang und erzielten im Finale einen nie gefährdeten Start-Ziel-Sieg.
„Der größte Erfolg meiner Karriere“, jubelte Andersson, mit 22 Jahren die Jüngste im Teilnehmerfeld und als Ersatz für die verletzte Jutta Kleinschmidt zu ABT CUPRA XE gekommen. Auch Al-Attiyah schrieb einen großen Anteil seiner neuen Teamkollegin zu: „Klara war dieses Mal eindeutig die schnellste Frau. Das hat es uns relativ einfach gemacht.“
Bedeutend dramatischer verlief das Saisonfinale für die Meisterschaftskandidaten X44 (das Team von Lewis Hamilton) und RXR (Nico Rosbergs Mannschaft). Zunächst hatte Mikaela Ahlin-Kottulinsky den RXR-Buggy im Zeittraining übers Dach gerollt. Dann strandete Teamkollege Johan Kristoffersson, fünfmaliger Rallycross-Weltmeister, im Qualifikationsrennen nach einer Kollision mit Nasser Al-Attiyah. Damit war den Tabellenführern aus Schweden der Einzug ins Halbfinale verwehrt.
Noch dramatischer verlief das Zeittraining für X44. Cristina Gutiérrez überschlug sich so heftig, dass das Team auf das vom Veranstalter gestellte Ersatzauto zurückgreifen musste. „Das konnten wir bis zum Qualifikationsrennen nicht vollständig auf unser Setup umbauen“, beschrieb Teamkollege Sébastien Loeb. Mit einer Topplatzierung im Qualifikationsrennen außer Reichweite, griff der neunmalige Rallye-Weltmeister tief in die Trickkiste. Er ließ sich absichtlich weit zurückfallen, um freie Bahn für einen Angriff auf die Bestzeit mit dem sogenannten Hyper-Drive zu haben.
Dabei steht den Fahrern für vier Sekunden die Maximalleistung von 550 PS zur Verfügung. Das waren dieses Mal rund 160 PS mehr als die gedrosselte Leistung während des restlichen Rennens. Die gewagte Taktik ging auf. Loeb kassierte die anvisierten fünf Extra-Punkte, die am Ende entscheidend sein sollten.
Denn der Franzose und seine spanische Teamkollegin gewannen zunächst wie geplant den Hoffnungslauf, das sogenannte Crazy Race, und schnappten sich so den fünften Startplatz für das Finale.
Die Rosberg-Mannschaft hatte dagegen im Crazy Race erneut Pech. Eine gebrochene Spurstange bedeutete das Aus – der amtierende Meister war beim entscheidenden Lauf des Wochenendes zum Zuschauen verurteilt.
Trotzdem sah es im Finale lange danach aus, als könnte RXR seinen Titel auch ohne direkte Beteiligung verteidigen. Denn Gutiérrez/Loeb fuhren nur als Vierte über die Ziellinie – zu wenig, um RXR noch zu überholen. Doch die Sportkommissare sprachen eine Zeitstrafe gegen das zunächst drittplatzierte Team Andretti United aus, das beim Fahrerwechsel das Speedlimit in der Boxengasse überschritten hatte. Dadurch rückten Gutiérrez/Loeb einen Platz auf – und wurden mit zwei Punkten Vorsprung neue Meister.
„Im Ersatzauto musste ich mir noch im Qualifikationsrennen ein Kissen unterklemmen, weil ich sonst nicht die Pedale erreicht hätte“, grinste Sébastien Loeb. „Erst im Finale ist das Auto so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben. Es war also wirklich ein verrücktes Wochenende für uns. Ich bin jedenfalls stolz auf diesen Titel.“
1. ABT CUPRA XE (Klara Andersson/Nasser Al-Attiyah), 10.26,537 Minuten
2. NEOM McLaren Extreme E (Emma Gilmour/Tanner Foust), +3,427 Sekunden
3. Cristina Gutiérrez/Sébastien Loeb (X44 Vida Carbon Racing), +5,467 Sekunden
4. Catie Munnings/Timmy Hansen (Genesys Andretti United Extreme E), +11,029 Sekunden
5. Molly Taylor/Kevin Hansen (Veloce Racing), +15,094 Sekunden
1. X44 Vida Carbon Racing, 86 Punkte
2. Rosberg X Racing, 84 Punkte
3. Acciona Sainz XE Team, 66 Punkte
4. No.99 GMC HUMMER EV Chip Ganassi Racing, 63 Punkte
5. NEOM McLaren Extreme E, 52 Punkte
6. ABT CUPRA XE, 46 Punkte
Von: Christian Schön
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