Es ist die Rennserie für das gute Gewissen. Nach der Formel E ist die Extreme E der nächste Coup von Alejandro Agag. Die Formel E ist als Elektro-Variante der Formel 1 etabliert, die Extreme E soll nun die elektrifizierte Rallye-Version werden. Wieder einmal mit modernem Format, am Nabel der Zeit und innovativen Ideen. Und prominente Motorsportnamen sind auch an Bord: Lewis Hamilton, Nico Rosberg, Jenson Button, Sébastien Loeb und Co. Wir stellen die Rennserie vor der zweiten Saison 2022 im Detail vor.
Die Extreme E ist eine Offroad-Rennserie mit Geländewagen, die mit einem Elektromotor angetrieben werden. Die Meisterschaft fährt an Orten, die vom Klimawandel und von Umweltzerstörung am meisten betroffen sind. Die Extreme E will vor Ort helfen, indem sie zum Beispiel in Grönland Schulen mit erneuerbaren Energien versorgt. „Ziel ist es, den Ort besser zu verlassen“, erklärt Seriengründer Alejandro Agag sein sogenanntes Vermächtnis-Programm.
Mehr Aussagen von Agag zu seinem neuen Projekt finden Sie HIER
Der Umweltaspekt soll klar im Vordergrund stehen. Die Extreme E hat dafür sogar Wissenschaftler und Umweltschützer verpflichtet, die detaillierte Konzepte ausarbeiten. Nicht jedes Team fliegt sein eigenes Equipment um die Welt. Fahrerlager und Fracht werden zentral mit dem früheren Postschiff St. Helena zu den Austragungsorten transportiert. Natürlich wird das Schiff möglichst energieeffizient und umweltschonend umgerüstet.
Auch auf weitere gesellschaftliche Missstände will die Extreme E hinweisen – etwa die Benachteiligung von Frauen. Im Championat sind die Teams daher dazu verpflichtet, einen Mann und eine Frau als Teamkollegen zu einzusetzen. „Die Frauen sind damit für den Erfolg des Teams genauso wichtig, wie die Männer“, erläutert Agag.
Zehn Teams sind für die zweite Saison fix. McLaren steigt nämlich 2022 neu ein. Auch Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton setzt einen eigenen Rennstall ein. Der Name des Teams: X44 – ein Verweis auf die Startnummer 44, mit der Hamilton seit Jahren die Formel 1 dominiert. Das Fahrzeug des Teams wird lila lackiert sein – die Lieblingsfarbe des 36-Jährigen.
HIER können Sie mehr zum Hamilton-Team lesen
Weil auch Ex-F1-Champion Nico Rosberg eine eigene Mannschaft in die Extreme E bringt, geht das legendäre Duell Hamilton-Rosberg auf der anderen Seite der Boxengasse weiter. Wie in der Formel-1-WM 2016 rang 2021 Rosberg Hamilton nieder. Rosberg baut dabei auf den Fundamenten des Familienteams auf, das sein Vater und Ex-F1-Weltmeister Keke Rosberg in den 1990er Jahren gegründet hat und das in der DTM bereits erfolgreich unterwegs war.
Die Neuauflage des Duells Hamilton-Rosberg haben wir HIER analysiert.
Und auch ein dritter Ex-Formel-1-Weltmeister ist als Teambesitzer an Bord: Jenson Button! Der Brite griff beim ersten Rennen auch selbst ans Steuer, überließ das Cockpit dann aber Kevin Hansen. Das JBXE-Team wird außerdem mit Lotus Engineering zusammenarbeiten, der legendären ehemaligen Formel-1-Marke, die inzwischen im Besitz des chinesischen Herstellers Geely ist.
Aus deutscher Sicht ist auch das Abt-Cupra-Team interessant. Hinter dem Rennstall steckt Abt Sportsline – mit Audi schon in der Formel E und der DTM sehr erfolgreich. Als Partner ist die Seat-Marke Cupra an Bord, auch wenn die Teams derzeit Einheitsautos einsetzen müssen. Eigenentwicklungen sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt erlaubt werden.
Das deutsche Team in der Extreme E unter der Lupe
Zwei Teams sind aus Amerika mit von der Partie. Das Andretti-Team von Michael Andretti ist beim Indy 500 seit Jahren ein Top-Rennstall. Auch Formel-1-Pläne hegt Andretti Autosport. Als Partner ist United Autosport an Bord – das Sportwagenteam von Zak Brown, Chef von McLaren. Das zweite US-Team ist Ganassi, ein Topteam in der IndyCar, der NASCAR und der Sportwagenszene. Es hat außerdem GMC an Bord, ein Hersteller des General-Motors-Konzern, die unter anderem die Marke Hummer vertritt.
Carlos Sainz bringt sein eigenes Team an den Start. Die Rallye-Legende ist der Vater von Carlos Sainz junior. Sainz senior hat erst 2020 die Rallye Dakar gewonnen und ist damit trotz seiner inzwischen 59 Jahre im Offroad-Gelände noch immer richtig schnell. Er ist sowohl als Fahrer als auch als Teambesitzer involviert.
Hinter Veloce Racing steckt neben dem zweimaligen Formel-E-Meister Jean-Eric Vergne auch der Formel-1-Technikguru Adrian Newey. Keiner hat mehr Formel-1-Weltmeisterautos gebaut als der Brite.
Als Fahrer sind weniger Rundstrecken-Asse dabei als viel mehr erfahrene Rallye- und Offroad-Piloten. Abt Cupra vertraut zum Beispiel auf zwei Rallye-Dakar-Sieger: Nasser Al-Attiyah und Jutta Kleinschmidt.
Hamilton hat sich die Dienste von Rallye-Rekordweltmeister Sébastien Loeb gesichert. Mit Cristina Gutiérrez ist auch eine der besten Offroad-Frauen auf dem Markt an seiner Seite. Die Spanierin gewann 2021 bei der Rallye Dakar als erste Frau seit Jutta Kleinschmidt vor fast zwei Jahrzehnten eine Etappe, in der kleinen Autoklasse Side-by-Side.
Rosberg hat neben Mikaela Åhlin-Kottulinsky Johan Kristoffersson an Bord – einen der besten Rallycross-Fahrer der Szene und mehrmaligen Weltmeister (auch amtierend).
Der dreimalige Rallye-Dakar-Sieger Carlos Sainz gehört ebenso zu den bekannten Teilnehmern wie die ehemalige australische Rallye-Meisterin Molly Taylor. Sie wurde 2021 mit dem Rosberg-Team Meister, wird aber vor dem zweiten Rennen in Sardinien durch die Norwegerin Hedda Hosås ersetzt.
Der Deutsche Timo Scheider mischt ab dem zweiten Lauf in Sardinien mit. Vorher war er Ersazfahrer, war außerdem bei der Erstellung der Streckenverläufe mit verantwortlich. „Ich habe wohl so viele Kilometer im Auto verbracht wie kein anderer Fahrer“, gibt er sich selbstbewusst. Er fährt für das Xite-Team.
X44: Sébastien Loeb, Cristina Gutiérrez
Rosberg: Johan Kristoffersson, Mikaela Åhlin-Kottulinsky
JBXE: Kevin Hansen, Molly Taylor/Hedda Hosås
Abt Cupra: Nasser Al-Attiyah, Jutta Kleinschmidt
Andretti United: Timmy Hansen, Catie Munnings
Ganassi: Kyle LeDuc, Sara Price
Acconia Sainz: Carlos Sainz, Laia Sanz
Xite: Oliver Bennett/Timo Scheider, Tamara Molinaro
Veloce: Lance Woolridge, Christine Giampaoli Zonca
Alle Teams und Fahrer bekommen das gleiche Auto: den Elektro-SUV Odyssey 21. Er wird entwickelt vom französischen Unternehmen Spark Technology, das auch die Chassis in der Formel E baut und konstruiert. Die Batterien kommen von Williams Advanced Engineering, einer Zweigstelle des gleichnamigen Formel-1-Teams. Williams baut ab 2022/2023 auch wieder die Formel-E-Einheitsbatterien.
Der Antriebsstrang besteht aus zwei Formel-E-Motoren – einem an der Vorderachse, einem an der Hinterachse. Zusammen mobilisieren sie 400 kW (544 PS) Leistung. Obwohl das Auto satte 1650 Kilogramm auf die Waage bringt, beschleunigt es dank eines Drehmoments von 920 Nm von 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden und erreicht einen Topspeed von 200 km/h. Das ist für Offroad-Strecken schon ordentlich. Zum Vergleich: Bei der Rallye Dakar gilt ein Tempolimit von 170 km/h.
Wie cool sich das Auto fährt, erklärt Mattias Ekström HIER
Leistung: 400 kW (544 PS)
Gewicht: 1650 kg
L/B/H: 4401/2300/1864 mm
Bodenfreiheit: 450 mm
Maximales Drehmoment: 920 Nm
0-100 km/h: 4,5 Sekunden
Topspeed: 200 km/h
Das Rennformat ist etwas komplexer. Ein Rennen besteht aus zwei Runden à 16 Kilometer. Je eine Runde wird dabei vom männlichen Fahrer und der weiblichen Fahrerin absolviert. Ob zuerst die Frau oder der Mann fährt, bleibt den Teams überlassen.
Am Samstag steigt die Gruppenphase. Die ersten vier Teams des Qualifyings fahren in Gruppe 1 gegeneinander, die restlichen fünf in Gruppe zwei. Die schnellsten drei Rennställe in Gruppe eins qualifizieren sich für das Finale, der vierte wird auf Platz sechs des Rennens geführt. Von Gruppe zwei qualifizieren sich die schnellsten zwei Mannschaften für das Finale, die anderen drei belegen die Plätze sieben bis neun. Das Finale findet daher mit fünf Teams statt.
Alle zehn Teams bekommen Punkte. Für die Plätze eins bis neun gilt folgender Punkteschlüssel: 25-15-10-7-6-5-4-3-2-1. Fünf Zusatzpunkte gibt es für den schnellsten Fahrer im sogenannten Super Sector. Vom Tisch ist ein Zusatzpunkt für den weitesten Sprung.
Die Extreme E kommt an Orte, die vom Klimawandel und von Umweltzerstörung am meisten betroffen sind. Der Auftakt steigt in Saudi-Arabien, um auf die Wüstenbildung auf der Erde aufmerksam zu machen. Weiter geht es nach Senegal an die Atlantikküste, wo die Themen Plastikmüll und Meeresspiegelanstieg auf dem Programm stehen. Beim Arktis X Prix in Grönland geht es um die schmelzenden Arktis-Eismassen, im Amazonas X Prix um die Abholzung des Regenwaldes. Das Finale in Patagonien soll auf die schmelzenden Gletscher aufmerksam machen.
19./20. Februar Wüsten X Prix in Saudi-Arabien
6./7. Juli Insel X Prix auf Sardinien
9./10. Juli Insel X Prix auf Sardinien
24./25. September Kupfer X Prix in Chile
26./27. November Energy X Prix in Uruguay
Der Medienkonzern Discovery hat sich die Übertragungsrechte gesichert. Damit dürften die Rennen auf Eurosport zu sehen sein. Darüber hinaus will die Extreme E auch eine Dokumentation erstellen, deren Details aber noch nicht bekannt sind. In Deutschland wird die Serie von ProSieben MAXX übertragen.
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