Die Formel 1 testet in Baku erstmals ihr neues Sprint-Format, mit eigenem Sprint-Quali am Samstag und ohne Folgen für das Rennen. Das Fazit fällt gemischt aus.
Wie auch immer man zum Sprint der Formel 1 steht, eines ist nach der Premiere des modifizierten Formats in Baku schon klar: So viel Zündstoff wie der neue Super-Samstag der Königsklasse, hätte ein reguläres Qualifying wohl kaum geliefert.
Allen voran Max Verstappen und George Russell bieten eine Show auf und neben der Piste: Erst fahren sich die Kontrahenten ins Auto, danach teilt Verstappen auch verbal gegen den Mercedes-Piloten aus. Silberpfeil-Sportchef Toto Wolff schmunzelt: „Max und George haben in jedem Fall für Unterhaltung gesorgt. Die Qualität des Wochenendes kann man aber erst morgen richtig einschätzen.“
Verstappen sieht das anders, die schlechte Laune nach dem Russell-Crash dürfte dabei allerdings auf seine Beurteilung des neuen Sprintformats drücken: „Das ist kein wirkliches Racing, mehr ein Glücksspiel. In Las Vegas hat man bessere Chancen“, poltert der Niederländer. Seit dieser Saison bestimmt der Ausgang des Sprints nicht mehr über die Startpositionen für den Grand Prix am Sonntag – die werden schon in einem separaten Qualifying am Freitag ausgefahren.
Der Sprint-Samstag präsentiert sich stattdessen als eigenständiges Event, losgelöst vom Hauptrennen. Nach dem Sprint-Qualifying, dem so genannten Sprint-Shootout, geht es mit der dort ausgefahrenen Reihenfolge am Nachmittag ins Sprintrennen über 100 Kilometer. Acht WM-Punkte kriegt der Sieger, die ersten Acht schreiben an. Eine Auswirkung auf den Sonntag hat das Sprintformat damit nicht mehr.
Verstappen kann dem nichts abgewinnen: „Es ist gut für die Show, aber wie bei einem Fußballspiel: Du hast 1:0 gewonnen und dann musst du nochmal ran. Ich finde das ein bisschen überflüssig“, macht der amtierende Weltmeister keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen das neue Format. Verstappen fordert sogar: „Es wäre wichtig, dazu zurückzukehren, was wir haben: Heute im Qualifying habe ich mich gelangweilt. Ich mag ein Quali, wo man dann alles reinhaut. Das hier ist zu künstlich.“
Doch wie bewerten das die Kollegen des Weltmeisters? Die meisten Mitstreiter von Verstappen sehen es jedenfalls nicht ganz so eng…
Von Tagessieger Sergio Perez gibt es beispielsweise gemäßigtere Worte: „Mit ein paar Sprints pro Saison bin ich zufrieden. Aber ich würde nicht wollen, dass das hier jedes Wochenende das Standardformat wird. Da sollten wir schön bei dem bleiben, mit dem wir aufgewachsen sind.“ Noch fünf weitere Sprint-Samstage stehen 2023 im Kalender, in Österreich, Belgien, Katar, den USA und Brasilien.
Auch Ferrari-Star Charles Leclerc erklärt: „Ich hasse dieses Format nicht, mag es auf jeden Fall mehr als den Sprint letztes Jahr.“ Bisher war die Problematik, dass im Sprint kaum Action aufkam, weil das Ergebnis die Startaufstellung für das Rennen vorgab und deshalb niemand etwas riskieren wollte.
Mit dem neuen Format können die Piloten jetzt mehr wagen. „Das sorgt aber auch für mehr Druck auf dem Fahrer“, gibt Leclerc zu bedenken. Der Monegasse weiß, wovon er spricht, landet er am Samstag in Sprint-Shootout doch auf seiner letzten Q3-Runde in der Mauer und behält nur durch Glück seine Pole.
Was Leclerc dennoch missfällt, ist die neue Reifenregelung, deren erstes Opfer im Shootout McLaren-Star Lando Norris wird. Weil alle Fahrer im Sprint-Q3 auf einem frischen Satz weiche Reifen fahren müssen, der Brite aber keinen mehr zur Verfügung hat, darf er nicht an der letzten Session teilnehmen: „Das ist doch eine Schande, da sollte man die Regel ändern, dass es auch mit gebrauchten Softs geht“, fordert Leclerc.
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Dass den Zuschauern prinzipiell aber ein Mehrwert geboten wird, daran hat zumindest Ferrari-Teamchef Fred Vasseur keine Zweifel: „Es macht das Wochenende dynamischer, alle Sessions sind auf einmal wichtig. Für die Fans ist das doch super, jetzt gibt es immer einen Wettbewerb. Sonst sind die Freien Trainings langweilig, wenn man nicht weiß, was die Teams so machen.“
Mick Schumacher, der in Baku als Ersatzpilot für Mercedes vor Ort ist, klärt mit Blick auf das einzig verbliebene Training am Freitag auf: „Der Fokus ist jetzt schon bisschen anders, man konzentriert sich mehr auf Longruns, um in der kurzen Zeit so viele Erkenntnisse wie möglich mitzunehmen.“ Das neue Format gefällt Schumi Jr. jedenfalls gut: „Ich find’s eigentlich gar nicht schlecht. Es erinnert mich sehr an die Formel-3-Zeiten, wo man zum Beispiel auch zwei Qualifyings hatte. Das ist schon ganz spaßig.“
Worte, die der Deutsche zumindest Max Verstappen mal lieber nicht hören lassen sollte…
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Das ist F1-Insider.com
1. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull 33:17,667 Min.
2. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +4,463 Sek.
3. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +5,065
4. George Russell (Großbritannien) – Mercedes +8,532
5. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +10,388
6. Fernando Alonso (Spanien) – Aston Martin +11,613
7. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +16,503
8. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin +18,417
9. Alexander Albon (Thailand) – Williams +21,757
10. Oscar Piastri (Australien) – McLaren +22,851
11. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas +27,990
12. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo +34,602
13. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpine +36,918
14. Nyck de Vries (Niederlande) – Alpha Tauri +41,626
15. Nico Hülkenberg (Emmerich) – Haas +48,587
16. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo +49,917
17. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren +51,104
18. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine +1:00,621 Min.
Ausfälle:
Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri (3. Rd.)
Logan Sargeant (USA) – Williams nicht angetreten