Formel-1-Reporter Ralf Bach schreibt in seiner Kolumne über den ersten Pressetermin von Mick Schumacher im Formel-1-Umfeld.
Da kamen Erinnerungen hoch… Mick Schumachers (20) erster offizieller Auftritt im Formel-1-Umfeld erinnert in gewisser Weise an den seines Vaters. An Spa 1991. An das erste Formel-1-Wochenende von Michael Schumacher.
Und den Presserummel, auf den weder Vater noch Sohn richtig vorbereitet waren. Mick Schumacher kommt gerade vom Mittagessen in der Prema-Hospitality im Formel-2-Fahrerlager von Bahrain, als er schon von weitem die Schar Reporter sieht, die nur wegen ihm gekommen sind. Vor allen anderen Boxen der Formel-2-Teams herrscht gähnende Leere.
Allein das zeigt, was auf ihn zukommt in dieser Saison. Mick bemüht sich nett zu sein, sorgt beim Ortstermin (13.15 deutsche Presse, 13.30 Uhr internationale) erst mal dafür, dass genügend Mineralwasserflaschen auf dem Tisch standen. Und da hören die Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Zeitsprungs nach Spa schon wieder auf. Denn Schumacher senior, damals ebenfalls überrascht von den unzähligen neuen Gesichtern, die plötzlich was von ihm wollten, war konsequenter.
Mineralwasser gab es keins, dafür aber Absagen: „Ich habe jetzt keine Zeit“, war seine Standardantwort, wenn er keine Lust hatte, Zeit zu verschwenden mit den neuen Gesichtern.
Ich, der ABMS-Reporter, komme gleich zum Punkt. „Mick, warum sitzen wir hier?“ Der nette junge Mann gegenüber zuckt kurz zusammen. Hat er etwa gerade gedacht, es geht um seinen berühmten Nachnamen? Deshalb schiebe ich gleich die nächste Frage nach. Um den Sturm aus den noch jungen Segeln zu nehmen: „Wegen des Formel-2-Rennens oder der danach stattfindenden Formel-1-Tests?“
Die Antwort kommt diesmal spontan und von einem (erleichterten) Lächeln begleitet. „Wegen der Formel 2 natürlich!“ Wenn das denn so einfach wäre…Fakt ist: Es sorgt schon für Aufmerksamkeit genug, dass Mick Schumacher in Bahrain sein Debütrennen in der Formel 2 gibt – und damit auf dem Sprungbrett steht, das ihn direkt in die Formel 1 befördern kann. Ziemlich sicher sogar, wenn er Leistung bringt.
Denn Charles Leclerc, der Meister des Jahres 2017, fährt jetzt schon als Teamkollege von Sebastian Vettelbei Ferrari. Und die drei Erstplatzierten 2018 haben in diesem Jahr ebenfalls ihre Fahrkarte für die Königsklasse lösen können. Der Brite George Russell fährt bei Williams, sein Landsmann Landon Norris bei McLaren und der Thailänder Alexander Albon kam beim Red-Bull-Nachwuchsteam Toro Rosso unter.
Es reicht also nicht, dass Druck und Aufmerksamkeit deswegen schon groß genug sind für den Sohn der Rennfahrerlegende. Kurz vor seinem F2-Debütwochende in Bahrain hat Ferrari auch noch bekanntgegeben, dass Mick Schumacher an den Formel-1-Testfahrten teilnehmen wird, die nach dem GP in Bahrain stattfinden.
Dienstags fährt er den Ferrari, am Mittwoch steigt er in den Alfa Romeo, das Auto von Ferraris Partnerteam. Seitdem spielen die Gazetten verrückt und schreiben nur noch über die Formel-1-Tests des jungen Schumacher. Das Rennen der Formel 2, sicher das wichtigere Ereignis in der Karriereplanung des hochbegabten Nachwuchspiloten, wurde so gut wie gar nicht mehr erwähnt.
Dabei ist es alles andere als einfach auf Anhieb in der Formel 2 erfolgreich zu sein. Am Freitag gibt es nur ein Training von 45 Minuten. Mehr Zeit ist nicht, um eine neue Strecke kennenzulernen und sich auf die Pirelli-Reifen und die gut 650 PS starken „Mini-Formel-1-Autos“ einzuschießen.
Denn dann folgt schon das Qualifying, das eine halbe Stunde dauert.Mick Schumacher ist sich bewusst, dass der Erfolg in der höchsten Nachwuchsklasse kein Selbstläufer ist. Auch wenn er mit dem Prema-Team eine der besten Mannschaften in der Formel 2 hinter sich weiß und die Testfahrten vor der Saison extrem vielversprechend waren.
Er setzt sich trotzdem – zumindest nach außen – nicht unter zu großen Erfolgsdruck. „Ich will jedes Wochenende so gut wie möglich lernen und dann das Maximale herausholen. Und dann schauen, wie das Resultat aussieht.“Er könne den Rummel um seine Formel-1-Testfahrten ausblenden und sich ganz auf das Formel-2-Wochenende konzentrieren, behauptet er. Er ist sich sogar ganz sicher. Vielleicht weicht er auch deshalb jeder Frage aus, die sich um Ferrari dreht. „Ja, ich bin schon im Simulator gewesen“, das ist die einzige halbwegs konkrete Aussage. Dagegen Schweigen bei der Frage, wer ihn informiert habe. Teamchef Mattia Binotto? Keine Antwort.
Fest steht: Mick Schumacher bekommt schon am ersten Medientag zu spüren, was es heißt unter dem Brennglas der Formel 1 zu fahren. Ex-Formel-1-Chef Bernie Ecclestone (88) rät ihm deshalb in der aktuellen AUTO BILD MOTORSPORT: „Er hat mit dem Namen eine große Last auf seinen Schultern. Die Leute werden ihn immer vergleichen.
Mein Rat an ihn: Er muss die Möchtegern-Experten ignorieren. 50 Prozent werden hoffen, dass er gewinnt; die andere Hälfte, dass er verliert. Denn auch das wäre eine gute Story. Er darf sich darauf nicht einlassen und muss sein Ding durchziehen.“
Bei Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko (75) ist fast schon Mitleid zu spüren, wenn er den Rummel um Mick Schumacher betrachtet. Der Vettel- und Verstappen-Entdecker zu ABMS: „Eigentlich müsste er mit einem anderen Namen fahren. Das geht aber nicht mehr. Ich weiß nur, er braucht extrem starke Nerven, um den ganzen Rummel mental zu überstehen. „Micks Vater konnte das auch schon am Anfang seiner Karriere. Allerdings hatte der auch keinen Vater, der eine Legende war.
*Dieser Artikel ist als Erstes in AUTO BILD MOTORSPORT (ABMS) erschienen.