F1-Insider.com hat nach dem Überraschungssieg von Monza mit Toro Rosso-Teamchef Franz Tost gesprochen
Herr Tost, wie fielen die Feierlichkeiten nach Ihrem grandiosen Sieg in Monza aus?
Franz Tost (64): Da wurde nicht groß gefeiert. Die Jungs und Mädels durften sich ein bisschen in der Box austoben, dann ging es zurück zur Arbeit. Wir mussten schnell zusammenräumen und unser ganzes Zeug nach Mugello bringen. Da findet am Sonntag schon das nächste Rennen statt. Ich gehe da ganz nach Sepp Herberger, in abgewandelter Form: „Nach dem Rennen ist vor dem Rennen!“
Trotzdem: Der Sieg Ihres Fahrers Pierre Gasly tat der ganzen Formel 1 gut. Genauso wie der von Sebastian Vettel in Monza vor zwölf Jahren. Damals hieß Ihr Team noch Toro Rosso. Damals stand Teilhaber Gerhard Berger mit Vettel oben am Podium, letzten Sonntag ein Ingenieur. Warum nicht Sie?
Weil ich das nicht brauche. Ich gehöre da oben nicht hin. Vor zwölf Jahren musste Gerhard da hoch. Er war wichtiger Bestandteil unseres Teams und gewann 20 Jahre zuvor mit Ferrari in Monza. Da gab es gar keine Frage. Aber ich will die beiden Siege gar nicht vergleichen. Ich freue mich einfach über den jetzigen Erfolg. Besonders, weil der Sieg zum richtigen Zeitpunkt kam. Freitags wurde in Mailand die Winterkollektion von Alpha Tauri vorgestellt, sonntags gewinnen wir. Das Drehbuch hätte man nicht besser schreiben können.
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Können wir noch mehrere solcher Siege erwarten?
Das ist nicht zu erwarten, da müssen wir realistisch bleiben. Wir haben in Monza einfach alles richtig gemacht und waren zur richtigen Zeit da, als die Favoriten, insbesondere Mercedes, Schwächen gezeigt haben. Von der Strategie hat alles perfekt gepasst, das Safetycar kam zum richtigen Zeitpunkt für uns. Aber wir bleiben am Boden. Unsere Gegner heißen McLaren, Racing Point und Renault. Es ist schwer genug, die zu schlagen.
Wie sehen Sie die Entwicklung von Pierre Gasly?
Sehr gut. Er hatte eine schwere Zeit hinter sich. Zuerst verlor er das Red Bull-Cockpit, dann kam vor einem Jahr in Spa sein bester Rennfahrerfreund Anthoine Hubert ums Leben. Er war sehr mitgenommen. Sie verbrachten einen großen Teil ihrer Kindheit und Jugend zusammen. Ich riet ihm, zwar zu trauern, aber trotzdem seinen Job zu machen. Auch für sich selbst. So wie er es umgekehrt auch getan hätte. Pierre hat sich in der Tat gut entwickelt. Wahrscheinlich haben ihn die Schicksalsschläge stärker gemacht.
Wäre er ein Kandidat für Red Bull?
Er fährt ja bei Red Bull. Es gibt nur zwei Leute bei Red Bull, die über die Fahrerbesetzung unserer vier Autos entscheiden: Das sind Dietrich Mateschitz und Helmut Marko. Ich denke, Ende Oktober wissen wir mehr.
Ihr zweiter Pilot Daniil Kvyat schwächelt im Moment. Ist sein Sitz deshalb in Gefahr? Mit dem Japaner Yuki Tsunoda drängt sich ein junger Pilot aus dem Red Bull-Kader ja geradezu auf…
Das ist alles noch zu früh. Kvyat kommt noch nicht so ganz mit dem Auto klar, das kann sich aber noch ändern. Tsunoda macht in seiner ersten F2-Saison einen Superjob, das stimmt. Noch mal: Ich entscheide nicht über die Zukunft bei Red Bull. Aber es ist eigentlich ganz einfach: Die, die am Ende am meisten Gas geben, bekommen dann auch die Cockpits.
Wie sehen Sie im Moment die Situation Ihres Ex-Schützlings Sebastian Vettel bei Ferrari? Ruiniert er gerade seinen Ruf?
Nein, das tut er nicht. Sebastian hat das Fahren nicht verlernt, er ist vierfacher Weltmeister und immer noch der letzte Ferrari-Sieger. Sein Sieg in Singapur, übrigens der letzte Ferrari-Sieg, ist noch nicht einmal ein Jahr her. Jeder sieht doch, warum er die Probleme bei Ferrari hat. Es liegt nicht an ihm, sondern ganz klar am Auto. Die Insider wissen das, deshalb mache ich mir um seine Reputation keine Sorgen. Sebastian könnte im richtigen Auto immer noch Rennen und Titel gewinnen, da gibt es keine Zweifel.
Würde Sie ihm empfehlen aufzuhören?
Das ist seine Entscheidung. Was ich ihm rate: Gib weiter Vollgas und mache das Beste aus der Situation!
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