Für Sebastian Vettel ist die neue Karriere-Etappe bei Aston Martin auch eine Rückkehr zu gewissen Wurzeln. Die Parallelen mit Red Bull sind nicht zu übersehen.
Seinen ersten Arbeitstag bei Aston Martin in Silverstone hat Sebastian Vettel (33) bereits am vergangen Dienstag hinter sich gebracht. Auf dem Plan standen Kennenlernen der Technik-Crew, Sitzprobe und eine erste Fahrt im Simulator.
MEHR LESEN: VETTELS ERSTER BESUCH BEI ASTON MARTIN
Für Vettel muss es sich wie ein Nach-Hause-Kommen angefühlt haben. Denn auch vor seinem Intermezzo in Italien war er schon mal bei einem englischen Team zu Hause: Red Bull Racing. Die Fabrik der Bullen liegt nur rund eine halbe Stunde entfernt vom Aston Martin F1-Werk in Milton Keynes. Und Vettel war schon in seiner Red Bull-Zeit von 2009 bis 2014 bekannt dafür, dass er gut mit dem englischen Humor harmoniert.
Dazu kommt: Auch damals kam Vettel von Toro Rosso aus Italien zu einem aufstrebenden Team auf die Insel. Red Bull hatte Anfang 2009 noch keinen Sieg geholt und entwickelte sich gerade erst zum Top-Team. Gemeinsam mit Vettel folgten vier WM-Titel.
Laut Giorgio Ascanelli, Toro Rossos ehemaligem Technikchef, kein Zufall: „Wahrscheinlich ist es Ihnen schon aufgefallen“, sagte er mal zu F1-Insider.com: „Jedes Team, in dem Sebastian bisher gefahren ist, wurde mit ihm zum Siegerteam. Erst Toro Rosso, dann Red Bull. Das liegt auch an Sebastian. An seinem schweren Gasfuß und seiner Art ein Team mitzureißen.“
Die Feststellung des italienischen Techniker-Urgesteins basiert auf dem Duell zwischen Toro Rosso und Red Bull 2008, als Vettel in Monza seinen ersten Sieg holte und das eigentliche Mutterteam abhängen konnte. Ascanelli: „Red Bull hatte schon 2008 alle Zutaten für den Erfolg, aber wir waren besser als Red Bull, weil Vettel besser als Coulthard und Webber war. Punkt. Aus.“
Fest steht: Die Parallelen zu Vettels neuem Job bei Aston Martin sind nicht zu übersehen. Teamsitz in England, eine aufstrebende Mannschaft, ein Milliardär im Hintergrund (Lawrence Stroll statt Didi Mateschitz), ein Vettel mit vielen Ambitionen.
Der Deutsche darauf angesprochen zu F1-Insider.com: „Auf dem Papier gibt es sicherlich einige Dinge, die ähnlich erscheinen, aber ich glaube, dass die Situation schon eine andere ist. Vor allem, weil ich selbst heute an einem anderen Punkt bin.“
Genauer gesagt, so führt der Hesse fort: „An einem besseren Punkt, mit weitaus mehr Erfahrung, mit einer klareren Sicht. Deshalb kann man die beiden Startpunkte nicht wirklich miteinander vergleichen. Damals hatte ich nicht das Wissen, das ich heute habe, dadurch ist der Zugang ein ganz anderer.“
Mehr lesen: Sebastian Vettel im Porträt
Und trotzdem gibt es eine weitere Parallele: die Wohlfühl-Umgebung, die der Deutsche braucht, die er bei Red Bull einst hatte – und die ihm von Aston Martin-Teamchef Otmar Szafnauer auch jetzt in Aussicht gestellt wurde.
Der US-Amerikaner zu F1-Insider.com: „Es geht um den Respekt und die Art und Weise zusammenzuhalten. Wir wissen die Talente jedes Einzelnen zu schätzen und zeigen nicht mit dem Finger auf jemanden. Wir ermutigen unsere Leute, aus Fehlern zu lernen. Wir ziehen alle am selben Strang und haben eine gute Arbeitsatmosphäre, eine Kultur, in der wir niemanden beschuldigen, weil er einen Fehler gemacht hat. Das bezieht sich auch auf die Fahrer. Das wird Seb gefallen und ich bin sicher: Er wird aufblühen.“
Frage also an Vettel: Wie wichtig ist es, das Vertrauen zu spüren, das er einst bei Red Bull hatte?
Antwort: „Jeder Mensch ist unterschiedlich, aber trotzdem hat jeder wahrscheinlich gerne ein Umfeld, wo man füreinander einsteht und füreinander arbeitet. Bis jetzt sind das für mich bei Aston Martin natürlich noch eine Menge neuer Gesichter, aber ich bin guter Dinge, dass das funktionieren wird. Man muss immer offen sein für Neues. Ich werde viele neue Leute kennenlernen, neue Arbeitsweisen, neue Herangehensweisen – und ich wäre nicht gut beraten, zu glauben, dass nur mein Weg der richtige ist.“
Bei Red Bull jedenfalls hat man Vettels England-Comeback im Blick. „Ich hoffe, er findet zu alter Form zurück“, sagt Motorsportberater Helmut Marko zu F1-Insider.com. „Dass die beiden letzten Jahre nicht seine besten waren, weiß er selbst. Aus welchen Gründen auch immer. Aber ich glaube nicht, dass er uns gefährlich werden kann. Dafür war sein Team 2020 zu weit von uns weg. Selbst wenn Sebastian jedes Rennen in Höchstform ist, kann er als Fahrer nicht den Rückstand wettmachen, den das Team auf uns hatte. Aber vielleicht täusche ich mich ja.“
FOLGT UNS AUF TWITTER!