Für Sebastian Vettel (33) begann vergangene Woche eine neue Ära in der Formel 1: Sein neuer Aston Martin AMR21 wurde präsentiert. Mit der James-Bond-Marke will der Deutsche zurück zu alter Stärke finden. F1-Insider.com hat mit seinem neuen Teamchef Otmar Szafnauer, der auch schon die Aston Martin-Vorgängerteams Force India und Racing Point geleitet hat, über Vettels neues Kapitel in der Königsklasse gesprochen.
Otmar Szafnauer, nach 61 Jahren ist Aston Martin zurück in der Formel 1. Was bedeutet das für Sie?
Otmar Szafnauer: Das Team, die mehr als 500 Männer und Frauen, sind unheimlich stolz, die ikonische Marke Aston Martin als Werksteam zurück in die Königsklasse des Motorsports zu bringen. Wir geben alles, das Auto für die Rennstrecke vorzubereiten und unseren Fahren die bestmöglichen Waffen zur Verfügung zu stellen. Wir haben uns ehrgeizige Ziele für 2021 und darüber hinaus gesetzt. Natürlich wird der Druck größer und auch sonst wird sich einiges ändern. Aston Martin ist eine Traditionsmarke. Ich bin ein großer James-Bond-Fan. Wir wollen die Marke würdig vertreten.
Sebastian Vettel hat sich bei Ferrari in eine Abwärtsspirale manövriert. Sie sind jetzt eine Art Fußballcoach, der ihm helfen muss, zurück zu alter Stärke zu finden. Wie wollen Sie da vorgehen?
Ich denke nicht, dass Sebastian Vettel je vergessen hat, wie man ein Rennauto schnell bewegt. Es stimmt, das Alter kann gegen dich arbeiten – physisch und psychisch macht es dich langsamer. Aber mit 33 Jahren ist er an dem Punkt seines Lebens und seiner Karriere noch längst nicht angelangt.
Das heißt?
Das einfache Geheimnis ist, ihn so zu behandeln, wie unser aller Eltern uns das gelehrt haben: mit Respekt, Ehrlichkeit, Integrität. Indem wir ihn einbinden, ihm helfen, mit ihm an gemeinsamen Zielen arbeiten. Das ist alles, was nötig ist. Sebastian ist ein harter Arbeiter, er dreht jeden Stein um. Eigenschaften, die auch auf uns als Team zutreffen. Wir sind Racer, er ist ein Racer. Das passt einfach! Er fühlt sich schon jetzt sehr wohl bei uns und ist extrem motiviert. Nicht, um seinen Kritikern etwas zu beweisen, sondern weil er es sich selbst beweisen will. Ich bin also sehr zuversichtlich, dass wir den alten Sebastian wiedersehen.
Wird Vettel als ehemaliger Weltmeister einen Nummer-1-Status haben?
Seit ich hier bin, hatten wir keine Nummer eins oder Nummer zwei. Wir behandeln beide Fahrer, Lance Stroll und Sebastian, gleich. Immer.
Vettel war bereits im Werk in Silverstone. Welchen Eindruck hatten Sie da von ihm?
Wir haben bereits einige Zeit miteinander verbracht. Dabei ging es hauptsächlich um die Sitzprobe. Das Ziel war sicherzustellen, dass er sich ergonomisch im Auto wohl fühlt. Er ist auch im Simulator gefahren und wir haben gutes Feedback bekommen, was seine Vorlieben im Auto, die Position der Knöpfe am Lenkrad und das Set-up betrifft. Dazu kommt: Er liebt den britischen Humor, es ist wirklich großartig mit ihm zu arbeiten.
Apropos Set-up: Bei Ferrari kämpfte er vor allem auch mit einem instabilen Heck. Womit kann er in ihrem Auto rechnen?
Alle unseren bisherigen Fahrer wollten immer ein Auto mit stabilem Heck. Deshalb liegt diese Eigenschaft in der DNA unserer Wagen. Das dürfte Sebastian natürlich zu Gute kommen.
Konnte er ihnen auch schon ein paar Geheimnisse von Ferrari oder Red Bull verraten?
Er konnte uns tatsächlich schon sagen, welche Dinge wir anders machen als die Konkurrenz. Das werden wir uns jetzt anschauen und uns in den Bereichen verbessern, in denen es Sinn macht. Sebastian bringt jede Menge Wissen mit. Wir müssen jetzt nur noch die wichtigen Dinge herausfiltern.
Was sind Ihre Ziele für 2021?
Wir wollen da anknüpfen, wo wir letztes Jahr aufgehört haben – mit dem drittschnellsten Auto im Feld, das in der Lage ist, um Podestplätze zu kämpfen. Wir wollen konstanter punkten als 2020. Wir wollen in der WM einen besseren Platz belegen als letztes Jahr (WM-Rang vier 2020; d. Red.). Und wir wollen mehr Siege. Dass man mit dem drittschnellsten Auto unter bestimmten Umständen gewinnen kann, haben wir letztes Jahr bewiesen (Sieg von Sergio Perez in Bahrain; d. Red.). Wenn sich die Chance bietet, traue ich das ganz sicher auch Sebastian zu.
Vettel kann aber auch sehr fordernd sein.
Das macht mir keine Angst. Einer der Gründe, warum wir uns für Sebastian entschieden haben, ist genau dieser Wille zum Erfolg, für den er eben auch abseits der Strecke Gas gibt. Das tun wir übrigens auch – nur so haben wir uns den Ruf erworben, über unserem Gewicht zu kämpfen.
Sowohl die Sportwagenmarke Aston Martin als auch das Team, das bis Ende 2020 Racing Point hieß, hatten in der Vergangenheit finanzielle Schwierigkeiten. Kann das noch zum Problem werden?
Seitdem hat sich viel geändert. In der Formel 1 haben wir mittlerweile eine faire Einnahmen-Verteilung und eine Budgetgrenze (145 Millionen Dollar; d. Red.). Außerdem gehören wir einem Konsortium, das auch kurzfristig finanziell aushelfen kann. Und wir haben eine Reihe von Partnern. Ich denke also, dass diese finanziell prekären Tage hinter uns liegen.
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