Sebastian Vettel fährt auch 2022 für Aston Martin. Darum ist das für alle Beteiligten ein Gewinn.
Sebastian Vettel (34) fährt weiter Grün! Der Deutsche hat seinen Vertrag mit Aston Martin auch für 2022 bestätigt. Nach wochenlangen Spekulationen steht damit fest: Der viermalige Champion bleibt der Formel 1 erhalten. F1-Insider.com erklärt, was das für alle Beteiligten bedeutet.
Zuletzt waren berechtigte Zweifel aufgekommen: Kann der Heppenheimer sein Leben als Formel-1-Rennfahrer weiter mit seinem Gewissen vereinbaren? Vettel setzt sich aktiv für Umweltschutz ein, für Gleichberechtigung, für Demokratie. Und er kritisiert maximales Gewinnstreben. Damit stellt der Deutsche den Gegenpol zur Formel 1 dar. Die fährt in Ungarn, der Türkei oder Saudi Arabien in Ländern, die es mit Volksherrschaft oder Menschenrechten nicht so genau nehmen, dafür aber viel Geld in die Kassen spülen. Sie diskutiert immer noch über zu hohe Kosten für eine schnelle Einführung von nachhaltigem Sprit. Und sie lässt nach wie vor Düsenjets als Statussymbol und Anheizer über die Startaufstellung jagen.
All das ist nicht mehr Vettels Welt. Doch er weiß auch: Als aktiver Rennfahrer kann er mehr bewirken als als Renn-Rentner. Als Revoluzzer kann er die Plattform Formel 1 nutzen, um seine Botschaft um die Welt zu schicken und immer wieder auch den Finger in die Wunde zu legen.
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Dazu kommt: Vettel ist zu jung, um den Helm an den Nagel zu hängen. Vom Rennfahren hat er mit 34 Jahren noch nicht genug – und vor allem: Die Neugier siegt. Mit den Regeländerungen für 2022 sieht er die Chance, aus dem grauen Mittelfeld zurück aufs Podium zu fahren und ein immer noch junges Team zu einer Erfolgsmannschaft zu formen. Eine reizvolle Aufgabe, die dem neuen, erwachsen gewordenen Sebastian Vettel auf den Leib geschneidert scheint.
Allein: Sollte er in der nächsten Saison schnell feststellen, dass die Leistungsfähigkeit seines Teams nicht vorhanden ist und die neuen Autos doch nicht den von ihm erwarteten Fahrspaß bieten – dann ist es nicht auszuschließen, dass er einen auf Niki Lauda macht. Die Formel-1-Legende trat 1979 mitten in der Saison beim Großen Preis von Kanada zurück.
Gefühlt zogen sich die Verhandlungen zwischen Vettel und Aston Martin zuletzt in die Länge. Dabei galt es aber offenbar vor allem, den 15. September abzuwarten. Der ist traditionell eines der Daten, zu denen Optionen gezogen werden müssen. Doch Aston Martin war sich seiner Sache offenbar nicht ganz sicher: Gerüchte über ein Interesse an Fernando Alonso, Valtteri Bottas und Daniel Ricciardo machten die Runde – und meistens ist an solchen Spekulationen im Fahrerlager auch was dran.
Doch Vettel ist und bleibt die Premium-Lösung für Aston Martin. Fahrerisch lässt er seinen intern hochgelobten Teamkollegen Lance Stroll spätestens seit Saisonmitte hinter sich. Technisch gilt der Heppenheimer nach wie vor als einer der Besten seines Fachs. Seine Fähigkeiten, ein Auto zu spüren und ein Team zu entwickeln, dürften gerade in einer Saison mit neuen Autos und neuen Regeln ein entscheidender Vorteil sein.
Dazu passt: Aston Martin gibt Vollgas für die Zukunft. Gerade erst wurden die Pläne für eine neue Fabrik enthüllt, die 2022/23 bezogen werden soll. Teambesitzer Lawrence Stroll investiert in Infrastruktur und Personal – und will aus Aston Martin einen Titelkandidaten machen. Da kann ein Fahrer nicht schaden, der weiß, wie man Weltmeisterschaften gewinnt.
Vettel weiß nach wie vor eine riesige Fan-Gemeinde hinter sich. Davon profitiert auch Aston Martin: Als der Deutsche auf den Tribünen von Silverstone Müll sammelte, schossen die Klickzahlen auf der Homepage des Teams in die Höhe. Vettel-Fanartikel sind DER Bestseller im Aston Martin-Fanshop. Der Ex-Champion begeistert mit seinem Wunsch, die Welt zu verbessern. Und er begeistert mit seiner Fan-Nähe. Aber er polarisiert auch: Die Diskussionen über seine Leistungsfähigkeit sind ein beliebtes Streit-Thema in den Foren. Ohne Vettel wäre die Formel 1 ärmer.
Aus oben genannten Gründen ist die Vertragsverlängerung ein echter Gewinn für die Königsklasse. Sie braucht Helden – und Vettel ist so einer. Wenn auch ein unbequemer. Dass er immer wieder gegen die Formel-1-Vermarkter meutert und ihnen den Spiegel vorhält, dürfte den Bossen um Ex-Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali nicht gefallen. Am Ende wissen sie aber auch: Ein viermaliger Weltmeister weniger im Feld hilft niemandem – nur ihren Nerven.
Spätestens nach der Netflix-Doku über Michael Schumacher ist klar: Sebastian Vettel ist so etwas wie der Ersatzvater des Rekordweltmeister-Sohns. „Es ist gut zu wissen, dass es jemanden im Fahrerlager gibt, der es gut mit einem meint“, betonte Mick Schumacher zuletzt. Und jeder, der die Bilder gesehen hat, in denen Vettel Schumi junior die H-Schaltung des Jordan 191 seines legendären Vaters erklärt, der weiß: Der Heppenheimer hat seine neue Rolle angenommen. Und zu der gehört auch: Mick Schumacher das Wissen und die Erfahrung weitergeben, die sein Vater ihm nicht mehr schenken kann. Dass Schumacher nun ein weiteres Jahr davon profitiert, kann nur helfen.
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