Continental ist exklusiver Reifenausrüster der Extreme E. An diesem Wochenende rast die Serie in Chile – mit Reifen aus recycelten Plastikflaschen.
Die Rennserie ist extrem – und ihre Reifen auch! Die Extreme E rast für den Umweltschutz. In den entlegensten Gegenden der Erde will Gründer Alejandro Agag mit Elektro-SUV (max. 544 PS) auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen. An diesem Wochenende steigt die Action in Antafogasta im Rahmen des Kupfer e-Prix in Chile. Ran.de überträgt live am Sonntag ab 14 und 17 Uhr.
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Dabei gilt auch in der Extreme E: Ohne starke Reifen können die Kräfte (920 Nm Drehmoment, 1650 Kilo schwere Geländewagen) nicht auf den diesmal sandigen Untergrund übertragen werden. Logisch: Auch das schwarze Gold soll den Nachhaltigkeits-Gedanken fördern. Folge: Die Rennwagen rasen mit Reifen, die teilweise aus recycelten Plastikflaschen hergestellt wurden. Das verrät Continental-Techniker Nels von Schnakenburg im Interview mit F1-Insider.
Herr von Schnakenburg, Sie sind als technischer Leiter für Extreme E im Hause Continental bei jedem Rennen der Extreme E vor Ort. Warum ist die Serie so spannend für einen Reifenhersteller?
Nels von Schnakenburg: Weil wir in dieser Serie Technologien ausprobieren können, die wir in einem ziemlich schnellen Prozess durch die Entwicklung kriegen und sie unter extremen Bedingungen testen können. Im Idealfall überführen wir sie dann in die Serie.
Welche extremen Bedingungen muss ein Reifen in der Extreme E aushalten?
Man hat zum einen die hohen Temperaturschwankungen von um die 0 Grad bis hin zu über 40 Grad. Das ganze Temperaturspektrum wird abgedeckt. Dann gibt es noch die verschiedensten Untergründe von Sand in Saudi Arabien, Schotter und feinster Sand in Chile bis hin zu feuchtem Geröll in Grönland sowie wahrscheinlich Grasflächen in Uruguay. Verschiedenste Untergründe, verschiedenste Temperaturen, die Einfluss auf die Reifenperformance haben und auf denen der Reifen funktionieren muss.
Wie also muss der Reifen für alle Zwecke in der Extreme E aussehen?
Zum einen spielt das Profil eine wichtige Rolle. Die Profilgeometrie muss so beschaffen sein, dass sie auf Sand genauso gut funktioniert wie auf Grasflächen und Matschtrassen. Die Gummimischung muss so ausgewählt werden, dass sie sowohl bei niedrigen aber auch bei den hohen Temperaturen wie in Sardinien funktioniert und nicht anfängt sich auf- oder abzulösen. Die ganze Konstruktion muss sehr stabil sein, damit sie auch bei niedrigem Luftdruck die Belastungen des Fahrzeugs aushält und widerstandsfähig gegen Steine ist. Die Anforderungen sind also sehr groß.
Womit kann man einen Extreme-E-Reifen am besten vergleichen? Mit einem LKW-Pneu oder doch eher einem SUV?
Das ist eine Mischung aus einem LKW- und SUV-, oder Van-Reifen. Er wiegt 34 kg, ist also ziemlich groß und ziemlich schwer und passt natürlich nicht auf einen Golf. Es gibt bei uns im Haus, von General Tire, ähnliche Dimensionen, die in den USA auf sogenannten Light-Trucks benutzt werden. Die gibt es in Europa aber weniger.
Was haben Sie nach Ihrem ersten Jahr in der Extreme E gelernt und danach geändert?
Wir haben den Reifen noch nachhaltiger gemacht. Wir haben jetzt einen Anteil von 30 Prozent erneuerbaren Materials drin. Recycelte Materialen also, die bei 34 kg ja immerhin schon über 11 kg ausmachen. Das ist auch unser Ziel: bei einer konstant bleibenden Performance das Material zu verbessern und nachhaltiger zu machen.
Woraus bestehen diese nachhaltigen Materialien genau?
Im Falle des Extreme-E-Reifens haben wir die normale Polyesterkarkasse , die im Reifen verbaut ist, durch eine Karkasse aus recyceltem Material ausgetauscht. Das wurde aus recycelten PET-Flaschen hergestellt, die aus keinem geschlossenen Kreislauf kommen. In jedem Extreme-E-Reifen stecken ca. 60 PET-Flaschen, das ist ein ganz schöner Haufen Plastikfalschen (lacht). Diese Technologie haben wir dieses Jahr in der Extreme E ausprobiert. Weil es super funktioniert, haben wir das auf die Serienentwicklung adaptiert, so dass im Nachhinein Kunden in den ersten Größen von EcoContact 6 aber auch PremiumContact 6 auf recycelten PET-Flaschen fahren können. Außerdem haben wir in der Laufstreifenmischung normales Silikat durch die Asche von Reishülsen ersetzt, die bei der Reisproduktion entsteht. Also quasi durch ein Abfallprodukt aus der Landwirtschaft.
Wie sparsam geht die Extreme E darüber hinaus mit den Reifen um?
Jedes Team bekommt pro Location sechs Reifen. So dass sie in Summe bei fünf Rennen 30 Reifen verbrauchen. Wenn man das zum Beispiel mit der Formel 1 vergleicht, ist das deutlich weniger.
Wie ist es für Sie persönlich, mit der Extreme E an Orte zu reisen, wo man als Privatperson nicht unbedingt hinreisen würden?
Das ist immer superspannend. Oftmals ist ja schon die Anreise ein Abenteuer. Nach Chile zum Beispiel betrug die Anreisezeit über 30 Stunden. Es macht einen riesigen Unterschied, den Klimawandel live vor Ort zu erleben und nicht nur im Fernsehen zu sehen. Hier in der Wüste in Chile zum Beispiel herrscht ein extreme Trockenheit. Teilweise haben sie seit 20 Jahren keinen Tropfen Regen mehr gesehen, teilweise noch länger. Solche Dürre habe ich nie erlebt, obwohl ich auch schon in Namibia war. Das kann man mit Worten fast nicht beschreiben.
Was sind die Herausforderungen, die der Reifen speziell beim anstehenden Rennen in Chile bestehen muss?
Der Untergrund ist für unseren Reifen relativ freundlich. Es ist ein sandiger und staubiger Untergrund mit Schotteranteilen, der relativ weich werden kann, wenn die Fahrzeuge ein paar Mal über die Strecke gefahren sind. Die Herausforderung wird also sein, immer Traktion zu haben wenn sie durch Spurrillen fahren. Es gibt aber im Gegensatz zu Sardinien an der Oberfläche keine großen Felsen. Steine sind größtenteils nur faustgroß. Das ist also auch keine riesige Herausforderung für unseren Reifen. Hier ist es eher die Temperatur, die konstant über 25 Grad liegen wird und die Geschwindigkeit da es ein sehr schneller Kurs ist. Es wird also viele Duelle zwischen den Fahrern geben und sollte ein sehr spannendes Rennen werden.
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