Genau 30 Jahre ist es her, dass Michael Schumacher in Spa seinen ersten Sieg geholt hat. Zur Feier des Jubiläums hat sich sein Sohn Mick am Rande des GP Belgien in die einstigen Benetton-Farben seines Vaters präsentiert. Eine Merchandising-Linie erinnert an den ersten Triumph eines Deutschen seit Jochen Maas seit 1975. F1-Insider erinnert an den 30. August 1992.
Vorbei waren die Zeiten, als Formel-1-Pilot Michael Schumacher an einem rennfreien Sonntag im heimischen Kerpen noch an der Kartbahn des Vaters mithelfen konnte, oben ohne und ölverschmiert am Gefährt seines Bruders herumschraubte. Im Jahr 1992 hatte sich viel geändert für ihn.
Schumacher, plötzlich schneller bekannt als erwachsen geworden, wunderte sich darüber, „wieso so viele Menschen plötzlich was von mir wollen?“ Der Rummel wurde unerträglich und als beim Grillen im Garten seiner kleinen Kerpener Wohnung „plötzlich irgendwelche Typen in meinem Wohnzimmer standen, Autogramme wünschten und mitessen wollten“, wusste Schumacher, dass er Kerpen verlassen musste. Er zog mit seiner Freundin Corinna, mit der er inzwischen drei Monate zusammen war, nach Monaco.
In der Saison 1992 hatte er bei Benetton mit dem Engländer Martin Brundle einen neuen Teamkollegen bekommen, und Schumacher war klar, dass der Brite der Erste war, den er schlagen musste. Bis zum Großen Preis von Belgien erwies sich Brundle zwar als harter Rivale, doch Schumachers Talent und diplomatisches Geschick sorgten dafür, dass das Benetton-Team ganz auf den Neu-Monegassen setzte.
Schumacher war fünf Mal aufs Podium gefahren und lag mit 33 Punkten an vierter Stelle der Weltmeisterschaft; nur einen Punkt hinter dem legendären Ayrton Senna, der in seinem McLaren den gleichen Ford-Motor fuhr wie Schumacher. Beide hätten sich bei Testfahrten in Hockenheim fast geprügelt, weil der Brasilianer sich von Schumacher absichtlich blockiert fühlte.
Brundle war längst nicht mehr der Konkurrent des Deutschen: Der Engländer hatte bis dato nur zwei Podiumsplätze und 18 Punkte geschafft. Beim Rennen in Ungarn zwei Wochen vor dem Grand Prix in Spa war Schumachers Mutter zu Besuch und musste zunächst mit ansehen, wie der Benetton ihres Sohnes auf der Zielgerade plötzlich bei 300 Stundenkilometer den Heckflügel verlor und sich wild drehend ins Kiesbett manövrierte. Zum Glück stoppte der gelbe Renner, bevor er in die Leitplanke einschlug.
Schumacher stieg unbeschadet aus. Mutter Elisabeth war auch zehn Minuten später noch sichtlich erschrocken. Erst als der Sohn sie grinsend in den Arm nahm und sagte: „Es ist ja gar nichts passiert“, war sie beruhigt. Pikanterweise hatte sich der Heckflügel deshalb gelöst, weil Brundle sich beim Versuch Schumacher zu überholen, verbremst und dessen Wagen touchiert hatte.
Für das Rennen in Spa hatte Schumacher ein gutes Gefühl. „Die Strecke ist etwas Besonderes für mich,“ sagte er vorher, „nicht nur weil ich hier mein erstes Rennen fuhr. Durch die Nähe zu Kerpen ist sie wie mein Wohnzimmer.“ Aber im Vergleich zum Vorjahr hatte sich alles geändert. Schumacher gastierte mit seinem Team in einem noblen Hotel und nicht mehr wie ein Jahr zuvor in einer Jugendherberge, wo er sich noch eine enge Kammer mit Manager Willi Weber und einigen Ameisen teilen musste.
Schon im Training fuhr Schumacher brillant. Er war Dritter hinter dem späteren Weltmeister Nigel Mansell im haushoch überlegenen Williams und Senna. Der Start erfolgte noch im Trockenen, doch schon in der zweiten Runde begann es zu regnen. Und das erste Mal konnte Schumacher seinen besonderen Instinkt beweisen. Es regnete mal stärker, mal schwächer – nie konnten sich die Fahrer sicher sein, welche Reifen geeignet waren. Als Brundle zehn Runden vor Ende des Rennens ins Kiesbett rutschte, „konnte ich anhand seiner völlig verbrauchten Regenreifen erkennen, dass ich jetzt auf Trockenreifen wechseln musste“, erzählte Schumacher später.
Der junge Deutsche tat es und fuhr prompt acht Sekunden schneller als der Rest des Feldes. Als der führende Mansell endlich wechselte, war es zu spät. Schumacher war nicht mehr einzuholen und siegte erstmals in der Formel 1. „Auf dem Podest hatte ich Tränen in den Augen, mein Glück war unfassbar“, sagte Schumacher, „es war nur schade, dass meine Mutter diesmal nicht dabei war.“
Die Saison 1992 schloss Schumacher mit 53 Punkten als WM-Dritter, drei Zähler vor Senna ab, und gewann die Erkenntnis: „Am schwierigsten war nicht das Fahren, sondern das Leben abseits der Piste.“ Teamkollege Brundle erkannte: „Ich habe ziemlich schnell bemerkt, dass ich gegen ein herausragendes Talent antreten musste und er schneller war als wir anderen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass ihm bis heute niemand als Teamkollege im Rennen näher kam.“
Michael Schumacher Serie Teil 1: 1991 – Die Legende beginnt
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