Jutta Kleinschmidt gewann vor 20 Jahren die Rallye Dakar. Jetzt bastelt sie an ihrer Zukunft. Hier spricht sie über neue Technologien und die Zukunft der Rallye Dakar.
Frau Kleinschmidt, 2001 haben Sie in einem Mitsubishi Pajero die Rallye Dakar gewonnen. Wie hat sich seither der Stellenwert der Rallye Dakar verändert?
Jutta Kleinschmidt (58): Als ich gefahren bin, waren wir von der Vermarktung her sicherlich am Höhepunkt. Ich bin jetzt seit zwei Jahren von Jean Todt als Präsidentin der Cross-Country-Kommission eingesetzt. In den letzten zwei Jahren sind wir sehr gewachsen. Wir haben einen Zulauf von Herstellern und Veranstaltungen. Von 2018 auf 2019 hatten wir einen Teilnehmerzuwachs von 14 Prozent. Jetzt hat die Corona-Pandemie natürlich einiges durcheinandergeschmissen. Aber der Audi-Einstieg wird definitiv helfen.
MEHR LESEN: Vettels Rundumschlag gegen rückständige Formel 1
Saudi-Arabien ist nach Afrika und Südamerika die dritte Heimat der Rallye Dakar. Ist das der richtige Ort für die Königin der Wüstenrallye?
Ich war ja letztes Jahr auch dort und habe mir das alles genau angeschaut. Das Gelände ist ideal für die Dakar. Es gibt wunderschöne Landschaften, viele Dünen und Berge, kleine Straßen durch die Berge – es ist landschaftlich sehr gut dafür geeignet. Es war ja schon für 2021 geplant, dass man zwei oder drei Länder verbindet, aber das war durch Corona nicht so leicht möglich. Deswegen bleiben wir nur in Saudi-Arabien. Aber klar, wir wünschen uns, dass die Rallye Dakar wie früher auch wieder durch mehrere Länder führt.
Sie haben den Einstieg von Audi schon angesprochen. Für uns kam das so ein bisschen aus heiterem Himmel, für Sie auch?
Dass Audi sich committed hat, hängt auch damit zusammen, dass wir in Zukunft eine Klasse für alternative Antriebe haben werden. Das bietet sich in unserer Sportart auch echt an. Hier spiegelt sich zum Teil ja das wieder, was wir im Straßenverkehr vorfinden – dass man zum Beispiel nicht überall laden kann. Wenn wir bei uns zeigen, dass es möglich ist trotzdem weite Strecken durch die Wüste zu fahren, dann wird das auch im Straßenverkehr immer mehr akzeptiert. Es wird am Anfang eine eigene Klasse dafür geben, weil wir dieser Entwicklung ein bisschen Zeit geben wollen, um auf das Niveau der anderen zu kommen. Aber unser Ziel ist es schon, dass die dann mittelfristig, also hoffentlich bis 2026, um den Gesamtsieg mitfahren können.
Wird Audi der einzige neue Hersteller bleiben?
Es gibt großes Interesse an dieser neuen Klasse. Ich kann keine Namen nennen, aber das Interesse ist riesig. Wir wollen diese Umstellung auf die neuen Technologien. Man kann an anderen Serien sehen, dass die Hersteller das brauchen. Die Formel E zeigt, dass die Hersteller kommen, wenn man sowas bietet. Der Motorsport war eben schon immer Vorreiter.
Außerdem sollen 2023 die Allradler gegenüber den Buggys/Hecktrieblern besser gestellt werden, weil man Offroad mit Allrad verbindet und das für Hersteller besser zu vermarkten ist.
Ich will nicht sagen, dass wir die Allradler besserstellen wollen, sondern wir geben den Hecktrieblern nicht mehr so viele Vorteile. Denn die haben sie, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein. Sie dürfen wesentlich leichter sein, haben mehr Federweg, teilweise einen größeren Restriktor. Offroad bedeutet für viele Allrad. Deshalb wollen viele Hersteller auch Allrad promoten.
Allerdings gab es in den letzten Jahren einen riesigen Zulauf an Privatiers mit Buggys – wenn man zum Beispiel an die Century-Buggys aus Südafrika denkt. Vergrault man so nicht die Privatiers?
Wie das 2023 genau aussieht, muss man schauen. Wie das 2023 genau aussieht, muss man schauen. Es ist jedoch auch aus Marketinggründen nicht gut die Zweiradantriebler zu bevorteilen, wenn ein Allrad eigentlich besser ist. Wir wollen, dass die Tophersteller mit den Toppiloten die besten und neueren Technologien fahren und die Buggies nicht mehr so bevorteilt werden.
2021 könnte auch schon ein Allrad-Jahr sein. Durch die langsamere Route sind sie gegenüber den Buggys im Vorteil, oder?
Das kommt aufs Gelände an. Schnelle Strecken waren immer gut für die Hecktriebler, weil sie mehr Topspeed hatten. Aber wir haben 2021 ein Speedlimit von 180 km/h. Wenn wir langsame Strecken haben, die sehr glatt sind, dann hat der Allradler seine Vorteile, weil er besser herausbeschleunigen kann. Aber sobald es sehr wellig wird und aufs Fahrwerk ankommt, haben auch die Hecktriebler wieder eine Chance.
Bei der Rallye Dakar fahren viele alte Hasen mit. Vorjahressieger Carlos Sainz ist zum Beispiel 58. Wie geht das?
Die Erfahrung spielt eine große Rolle. Es sind ja keine Sprintrennen, sondern lange Etappen. Wenn man versucht, sich fit zu halten, dann geht es auch noch bis ins höhere Alter. Aber klar: Man muss schon an sich arbeiten, Sport machen, um die Konzentration aufrechtzuerhalten. Dadurch, dass es ein Mix ist aus schnellem Fahren und guter Kondition ist sowie Erfahrung darin, das Gelände gut zu lesen, einen guten Beifahrer zu haben und so weiter, geht das.
Sie sind bisher die einzige Frau, die die Rallye Dakar gewinnen konnte. Warum?
Es ist nicht einfach – schon für Jungs nicht, aber bei Mädchen noch weniger. Es ist ganz wichtig, dass man das Budget zusammenbringt. Es ist nicht einfach – schon für Jungs nicht, aber bei Mädchen noch weniger. Es ist ganz wichtig, dass man das Budget zusammenbringt. Man braucht Sichtungen und die Besten müssen weitergefördert werden. Vielleicht kommt ja durch die Extreme E eine Frau zu uns.
Wollten Sie in dieser neuen Elektro-SUV-Offroad-Serie der Formel-E-Gründer nicht auch selbst mitfahren?
Eigentlich hätte ich gern mitgemacht. Ich habe mich nicht aktiv drum bemüht, weil ich den jungen Frauen nicht den Platz wegnehmen und mich vordrängeln will. Aber wenn jemand gekommen wäre und mich gefragt hätte, hätte ich das wohl gemacht.
Folgt uns auf Twitter!