Porsche erlebt ein schwieriges Rennen bei den 24h Le Mans. Alle Hintergründe.
Le Mans war seinem Gesamtsieger beim 100. Geburtstag nicht gewogen… In einem über weite Strecken engen und intensiven Wettbewerb beim Jubiläum des Langstrecken-Klassikers war des Werksteam Porsche Penske Motorsport von Pech verfolgt. Alle drei Hybrid-Prototypen wurden durch Zwischenfälle oder technische Defekte zurückgeworfen. Somit konnten sie mit dem über 515 kW (700 PS) starken Porsche 963 nicht in den Kampf um den Gesamtsieg eingreifen. Auch der Kunden-Porsche des Hertz Team Jota blieb nach einer starken Leistung unbelohnt. In der Kategorie GTE-Am fuhr der Porsche 911 RSR des Kundenteams GR Racing als Dritter auf das Siegerpodest. Porsche-Rückschläge in Le Mans.
Vor 325.000 Zuschauern setzten sich die insgesamt vier Porsche 963 in der Startphase bestens in Szene. Bei wechselnden Bedingungen mit Sonne und teils kräftigen Regenschauern leisteten die Startnummern 5 und 75 von Porsche Penske Motorsport ebenso Führungsarbeit wie die „Mighty 38“ vom Hertz Team Jota. Reifenschäden, technische Defekte sowie Unfälle warfen jedoch alle Porsche-Rennwagen in der Topklasse Hypercar zurück.
Die drei Werksfahrer Dane Cameron aus den USA, Frédéric Makowiecki aus Frankreich und Michael Christensen aus Dänemark war am Steuer der Startnummer 5 auf Gesamtrang neun am Ende die bestplatzierte Porsche-Crew. Das Fahrzeug des Trios verbrachte in der Nacht für die Reparatur des Kühlsystems über 20 Minuten an der Box und hatte anschließend mit dem Kampf um den Gesamtsieg nichts mehr zu tun. In der letzten Runde trug Christensen das Fahrzeug mit defektem Antriebsstrang förmlich ins Ziel.
In der Dunkelheit am Samstagabend war es der dritte 963 von Porsche Penske Motorsport, der sich im engen Kampf zwischen den 16 Hypercar-Fahrzeugen stark präsentierte. In Händen der Werkspiloten Nick Tandy (Großbritannien), Felipe Nasr (Brasilien) und Mathieu Jaminet (Frankreich) fuhr der Hybridrenner über viele Runden an der Spitze. Am späten Abend um 22:44 Uhr folgte dann die Ernüchterung: Jaminet blieb ohne Vortrieb auf der Strecke stehen. Mangelnder Benzindruck machte eine Weiterfahrt unmöglich – das vorzeitige Aus für diese Mannschaft.
Am frühen Morgen war es schließlich die Startnummer 6, die für Porsche die Fahnen im Wettbewerb um die Podestplätze hochhielt. Doch André Lotterer (Deutschland), Kévin Estre (Frankreich) und Laurens Vanthoor aus Belgien landeten mit ihrem Porsche 963 mehrfach abseits der Strecke und zweimal sogar in den Barrieren. Fällige Reparaturen an der Box dauerten über 40 Minuten, eine weitere halbe Stunde verlor die Crew aufgrund eines notwendigen Wechsels der Hybridbatterie. Die Nummer 6 erreichte das Ziel auf Platz elf mit 22 Runden Rückstand auf die Sieger.
„Es war ein enttäuschendes Le Mans 2023. Wir hatten uns mehr vorgenommen“, bilanziert Thomas Laudenbach, Leiter Motorsport. „In diesem Projekt steckt unheimlich viel Arbeit. Trotz des nicht zufriedenstellenden Ergebnisses möchte ich allen Mitarbeitern in Weissach, bei Porsche Penske Motorsport und allen Partnern meinen Dank aussprechen. Es gab verschiedene Gründe, warum wir heute nicht erfolgreich waren. Diese Themen schauen wir uns nun genau an und werden weitere Fortschritte machen. Daher blicke ich positiv in die Zukunft. Gratulation an die Sieger von Ferrari, die einen tollen Job abgeliefert haben.“
„Als es mit den Zwischenfällen mal losging, hörte es gefühlt leider nicht mehr auf“, beschreibt Urs Kuratle seinen Eindruck. Der Leiter Werksmotorsport LMDh ergänzt: „Unser Tempo war zu Beginn sehr gut. Das macht es umso schmerzvoller. Ohne Schäden wären wir weit vorn dabei gewesen. Nächstes Jahr kommen wir stärker zurück. Gratulation an Ferrari.“
Der Porsche 963 vom Hertz Team Jota überzeugte in der ersten Phase des Rennens. Werksfahrer António Félix da Costa wuchtete die Startnummer #38 des britischen Kundenteams innerhalb kurzer Zeit von Gesamtrang 60 in die Top 10. Der Chinese Yifei Ye zündete anschließend ein regelrechtes Feuerwerk. Gegen 21:00 Uhr am Samstagabend setzte sich der von Porsche Motorsport Asia-Pacific geförderte Nachwuchspilot sogar an die Spitze. Wenig später folgte jedoch der erste Rückschlag: Unfall in den schnellen Porsche-Kurven. Die fällige Reparatur dauerte über 40 Minuten, auch der Austausch eines defekten FIA-Sensors zur Messung des Drehmoments an der Hinterachse kostete Zeit. Ein weiterer Unfall am Sonntagvormittag brachte der Mannschaft noch mehr Arbeit ein und vergrößerte den Rückstand.
Am Ende fuhr der erste Kunden-Porsche 963 in der FIA WEC, den sich Félix da Costa und Ye mit dem Briten Will Stevens teilen, auf Platz 13 der Hypercar-Klasse ins Ziel. „Nach einem schwierigen Start aufgrund der verpassten Qualifikation haben wir eine starke Vorstellung abgeliefert“, bilanziert Teamchef Dieter Gass. „Wir haben es sehr genossen, in den ersten viereinhalb Stunden ganz vorne im Feld und somit um den Gesamtsieg in Le Mans zu kämpfen. Die Zwischenfälle haben uns zurückgeworfen, aber dennoch nehmen wir viel Positives mit. Die Performance auf der Strecke lässt uns zuversichtlich und maximal motiviert auf die weiteren Saisonrennen blicken.“
Glück und Pech lagen auch in der GTE-Am-Klasse nahe beieinander. Nach zurückhaltenden Leistungen in der Qualifikation drückten die acht Porsche 911 RSR von fünf Kundenteams der Frühphase des Rennens ihren Stempel auf. Phasenweise konnten sich fünf der rund 478 kW (515 PS) starken Neunelfer geschlossen an der Spitze der Kategorie behaupten. Anschließend warfen Unfälle alle drei Autos von Proton Competition aus dem Rennen – unter anderem die Startnummer 911 mit Hollywood-Star Michael Fassbender aus Irland. Auch das Schwesterauto unter der Nennung von Dempsey-Proton Racing und der 911 RSR von Iron Lynx schieden nach Zwischenfällen vorzeitig aus.
Eine makellose Fahrt erlebten die Piloten des Porsche 911 RSR von GR Racing. Der Italiener Riccardo Pera und die beiden Briten Michael Wainwright und Ben Barker hielten sich über 24 Stunden von allem Ungemach fern und sicherten sich am Ende den dritten Rang. Nur knapp dahinter: die Iron Dames. Rahel Frey aus der Schweiz, die Belgierin Sarah Bovy und Michelle Gatting aus Dänemark stellten damit einen 91 Jahre alten Rekord ein. Damals war die Französin Odette Siko ebenfalls auf Platz vier in Le Mans gefahren. Die GT-Fahrzeuge nach GTE-Reglement werden ab 2024 von GT3-Autos abgelöst. Der siegreiche 911 RSR ist dann nicht mehr startberechtigt. Der neue Porsche 911 GT3 R steht bereits in den Startlöchern.
1. Pier Guidi/Calado/Giovinazzi (I/UK/I), Ferrari #51, 342 Runden
2. Buemi/Hartley/Hirakawa (CH/NZ/J), Toyota #8, 342 Runden
3. Bamber/Lynn/Westbrook (NZ/UK/UK), Cadillac #2, 341 Runden
9. Cameron/Christensen/Makowiecki (USA/DK/F), Porsche 963 #5, 329 Runden
11. Estre/Lotterer/Vanthoor (F/D/B), Porsche 963 #6, 320 Runden
13. Félix da Costa/Stevens/Ye (P/UK/CHN), Porsche 963 #38
DNF. Jaminet/Nasr/Tandy (F/BR/UK), Porsche 963 #75, 84 Runden
1. Catsburg/Keating/Varrone (NL/USA/ARG), Corvette #33, 313 Runden
2. Al Harthy/Dinan/Eastwood (OMN/USA/IRL), Aston Martin #25, 312 Runden
3. Barker/Pera/Wainwright (UK/I/UK), Porsche 911 RSR #86, 312 Runden
4. Bovy/Frey/Gatting (B/CH/DK), Porsche 911 RSR #85, 312 Runden
7. Cairoli/Hyett/Jeannette (I/USA/USA), Porsche 911 RSR #56, 309 Runden
DNF. Fassbender/Rump/Lietz (IRL/EST/A), Porsche 911 RSR #911, 246 Runden
DNF. Ried/Tincknell/Yount (D/UK/USA), Porsche 911 RSR #88, 170 Runden
DNF. Andlauer/Pedersen/Ried (F/DK/D), Porsche 911 RSR #77, 118 Runden
DNF. Hardwick/Heylen/Robichon (USA/B/CDN), Porsche 911 RSR #16, 28 Runden
DNF. Cressoni/Picariello/Schiavoni (I/B/I), Porsche 911 RSR #60, 28 Runden
Von: Bianca Garloff / F1-Insider
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