2021 gibt Mick Schumacher sein Formel-1-Debüt – genau 30 Jahre nach Vater Michael. Aus diesem Anlass starten wir eine Serie über die Karriere von Michael Schumacher. Diesmal: Teil 4. Michael Schumachers erster WM-Titel mit Benetton
Vor der Saison 1994 hatte Michael Schumacher Schmerzen im Knie. Sie waren die Folge eines falschen Trainings, das der ehrgeizige Kartfahrer schon als Jugendlicher beinahe bis zur Selbstaufgabe jeden Tag durchgezogen hatte, ohne Anleitung eines professionellen Trainers. Der Meniskus war beschädigt, alles drum herum verknorpelt.
Es behinderte ihn nicht beim Fahren, aber beim Training – deshalb ließ er sich heimlich bei einem Spezialisten in Frankfurt operieren und verbrachte danach ein dreiwöchiges Aufbautraining in einer Klinik am Tegernsee. Zu den ersten Testfahrten der Saison war er wieder fit.
In Silverstone fuhr er den Benetton B 194 das erste Mal, und schon nach wenigen Runden vertraute er dem engsten Freundeskreis an: „Es ist das beste Auto, das ich je gefahren bin. Ich bin überzeugt, dass ich damit um den Titel mitfahren kann.“
Die ersten beiden Rennen gewann Schumacher überlegen. Dann ging es nach Imola. Der große Favorit Ayrton Senna, mittlerweile zu Williams gewechselt, dem besten Team der vergangenen drei Jahre, hatte noch keinen Punkt. Dafür aber verdächtigte er Benetton des Betrugs. Brasilianischen Journalisten hatte er anvertraut, dass Benetton noch mit der 1994 verbotenen Traktionskontrolle fahren würde.
Senna stand unter Druck, zumal sein Williams am Anfang der Saison kaum zu beherrschen war. Am Samstag war der Österreicher Roland Ratzenberger tödlich verunglückt. Senna wollte alles über den Unfall wissen, begleitete den Leichnam sogar mit ins Hospital. Trotzdem holte er sich die dritte Pole Position vor Schumacher. Dann kam es im Rennen zur Tragödie.
Nach dem zweiten Start wegen eines Unfalls raste der führende Senna in der Tamburello-Kurve in die Mauer. Sein Helm wurde von einem Aufhängungsteil durchbohrt. Schumacher fuhr direkt dahinter und war der Meinung, „dass Ayrton gleich wieder aus dem Auto klettern würde“. Sein Team informierte ihn zu keiner Phase des Rennens über die Wahrheit. Auch als er den Siegerpokal in Händen hielt, wusste er nichts von Sennas Tod. Erst später im Benetton-Bus klärte ihn ein Freund auf.
Schumacher weinte hemmungslos, das hätte er doch nicht geahnt. Als zwei Wochen später beim GP in Monaco Gerhard Berger bei einer Gedenkstunde sagte, dass „mit Sennas Tod die Sonne vom Himmel gefallen ist“, stand Schumacher stumm daneben – Tränen in den Augen – und nickte nur.
Wie sehr ihn der Tod seines heimlichen Idols belastete, das er schon als Zehnjähriger bei einem Kartrennen in Nivelles/Belgien bewundert hatte, zeigte sich sechs Jahre später: Nach seinem Sieg in Monza brach Schumacher bei der Pressekonferenzin Tränen aus, als ihn jemand nach Senna fragte, dessen Bestmarke Schumacher gerade geknackt hatte.
Später gab Schumacher zu, wie naiv er war: „Ich hatte hundertprozentiges Vertrauen in mein Team. Wenn Flavio Briatore mir etwas sagte, dann stimmte das immer für mich.“
Mit Sennas Tod war der Weg für Schumacher frei. Doch die Rennen bis zum Showdown in Australien waren von Skandalen begleitet. In Silverstone übersah Schumacher die schwarze Flagge, wurde für zwei Rennen gesperrt. In Spa disqualifizierte man ihn, weil eine Bodenplatte des Benetton nicht dem Reglement entsprach. Dank seiner acht Siege konnte der Deutsche trotzdem Weltmeister werden. Es kam in Adelaide zum Finale. Sein Gegner war Sennas Williams-Teamkollege Damon Hill, der sich prächtig entwickelt hatte.
In der 35. Runde kam es zur Kollision. Schumacher hatte kurz vorher eine Mauerberührung, was Hill aber nicht bemerkte. Als der Brite sich neben Schumacher setzte, lenkte der seinen jetzt nicht mehr intakten Benetton dem Engländer ins Auto. Beide waren draußen, Schumacher wurde Weltmeister. Ex-Beatle George Harrison, Augenzeuge der unfairen Aktion, bezeichnete Schumacher als „linken Betrüger“.
Auf einer Feier Ende des Jahres gab Schumacher im kleinsten Kreis erstmalig zu, dass er Hill mit Absicht die Tür vor der Nase zugeschlagen hat. Es interessierte aber niemanden mehr. In Deutschland war längst ein neuer Superstar geboren.
Teil 1: 1991 – Die Legende beginnt
Teil 2: 1992 – Der erste Sieg in Spa
Teil 3: 1993 – Das Duell gegen Senna
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